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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Die VII. internationale Kunstausstellung der Münchener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0410

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Lrau Musica. Wilhelm volz pmx.

Ausstellung der „Secession", München, ^899-

Die VII. internationale liunstauAstellung der Münchener Secession.

Don Dr. ^ael Voll. Nackdruck verboten.

3. Juni wurde die VN. internationale Kunstaus-
^ stellung der Münchener Secession in den recht vor-
teilhaft neu hergerichtetcn Räumen des Kunstaus-
stellungsgebäudes am Königsplatze eröffnet. Sie trägt
einen etwas gemischten Charakter, ist aber niehr als
gewöhnlich von Münchener Künstlern beschickt, so daß
das Ausland nicht wieder das Uebergewicht hat.

Unter den deutschen Arbeiten befindet sich manche
alte, und vor allem muß hier das schönste Bild der
Ausstellung genannt werden, ein prachtvoller Trübner
aus dem Jahre 1872. Ein schwarzgekleideter Herr
Plaudert in sehr ungezwungener Haltung mit einer jungen
Dame in gelbbrauner Toilette. Man hat an Trübner
von jeher geschätzt, daß unter seiner Hand jede Farbe
einen entzückenden Ton erhält, aber nur selten hat sich
Reiz und Gediegenheit so glücklich bei einem seiner
Werke verbunden.

Auf ganz anderen Boden versetzen uns Max Lieber-
manns „Badende Knaben" von 1898. Wenn Trübners
Kabinettstück eine beinahe klassische Vollkommenheit besitzt,
die au die besten Niederländer des siebzehnten Jahrhunderts
erinnert — unbeschadet ihrer unantastbaren Selbständig-
keit — so steht Liebermanns Badescene außer allem
Vergleich mit dem, was früher schon Großes erreicht

worden ist. Er hat keine Formen und keinen Inhalt
gemalt, nur Licht und Bewegungen. Eine Schilderung
oder Analyse dieses Meisterwerkes an Wahrheit und
freier Lichtfülle ist unmöglich. Es muß nur das eine
hinzugefügt werden, daß von der Routine, die man sonst
manchmal bei Liebermann wahrnimmt, hier gar keine
Rede mehr sein kann.

Nur ein Bild konnte es mit ihm an Kraft auf-
nehmen, das ihm sogar an Schönheit überlegen war,
wenn es ihm auch an Ausgeglichenheit und meisterlicher
Sicherheit nachstand: die schnell zu unwillkommener Be-
rühmtheit gelangte „Danae" von Max Slevogt aus
dem Jahre 1895. Die Caprice des Künstlers, in einem
mythologischen Stoffe, den die große Menge sich nur
unter sogenanntem italienischem Formenadel vorstellen
kann, einen in vollster Verkürzung gesehenen, gar nicht
ideal gebildeten weiblichen Akt zu geben, hat wirklich
dazu geführt, daß die Ausstellungsleitung nicht wagte,
ängstlichen Gemütern diese starke Kost vorzusetzen. Sie
ließ sich bewegen, das Bild noch nach der Eröffnung
wieder aus ihren Sälen zu entfernen. Mir scheint es
wunderlich, daß man glaubt, Idealisierung der Formen
könne einen verfänglichen Stoff aus dem Reich des
Anstößigen erheben; daß man aber der Pracht der Farbe


Die Kunst für Alle XIV, 21. 1. August ISIS.
 
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