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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Schultze-Naumburg, Paul: Die Komposition in der modernen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0212

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Die Komposition in der modernen Maleret.

von Paul Schulhe-lkaumburg.^)


Komposition wörtlich eine „Zusammenstellung" bedeutet, so wird man hier im engeren Sinne darunter
eine künstlerische Arbeit verstehen, die nicht ein vorhandenes Stück Natur getreu nachbildet, sondern
in der Teile zu einem neuen Ganzen zusammengetragen sind, das in der Natur als Vorbild nicht vorhanden
war, so daß man von einem komponierten und einem nicht komponierten Bilde reden konnte.

Doch ist diese Trennung nicht recht streng aufrecht zu erhalten. Denn ohne Wahl und Ausscheidung
ist ein Kunstwerk unmöglich, mag es nun aus einer Kunstanschauung hervorgegangen sein, sie möge heißen
wie sie wolle. Sowohl der Pilotyschüler als der Pleinairist der achtziger Jahre eliminierten gewisse Teile
aus der Natur und unterstrichen andere dafür desto mehr, wenn auch die Art ihrer Wahl grundverschieden
war. Man kann also höchstens von dem Grade reden, in dem die Natur verändert oder unverändert als
Vorbild gedient hat; in der Wahl des zu Betonenden aber liegt die Komposition, in der Art und Weise,
wie die Dinge im Raum verteilt sind. Ob der Maler dieselben so in der Natur schon vorgefunden oder
ob er sie sich erst so gestellt hat, ist eine für uns sehr unwesentliche Frage. Daß echte Künstler große Kunst-
werke rein aus der Phantasie heraus zu schaffen vermögen, beweist uns die ganze Kunstgeschichte und daß
es noch durchaus nicht Gewähr für irgend welche künstlerische Qualitäten ist, wenn uns der Maler beweisen
kann, daß er es „genau so gesehen" hätte — das beweist uns auch die Kunstgeschichte, im erhöhten Grade
die der achtziger Jahre.

Nun aber dürfen wir im weitesten Sinn unter dem Begriff Komposition nicht allein die Anordnung
der Gegenstände zu einander verstehen, sondern vor allem auch die, wie die Gegenstände im Raum be-
grenzt sind — rein äußerlich, beim Bilde also durch den Rahmen. Mit andern Worten also die Art und
Weise, wie die Bildfläche begrenzt ist, wo sie die dargestellten Dinge umzieht oder abschneidet und

") Als vor zwei Jahren ein Bnch von mir „Der Studiengang des modernen Malers" erschien, forderte mich die
Redaktion der „K. f. A." auf, für sie das Kapitel über die Komposition in etwas ausführlicherer Weise zu behandeln. Aus dieser
Erweirerung ist aber schließlich eine ganz neue Arbeit geworden, die hier nun endlich niit neuem Bildermaterial zum Abdruck kommt
und welche so auch in der zweiten Auflage des Buches (Eug. Diederichs, Florenz und Leipzig) enthalten sein wird.

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Die Aunst für All- XIV, II. I. März I8SS.
 
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