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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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Personal- und

-ss München. Professor Ludwig Dill, der Präsident
der „Secession", hat einen Ruf an die Kunstschule in Karls-
ruhe erhalten und angenommen. Bekanntlich hatten sich auch
in Karlsruhe in der letzten Zeit die Gegensätze zwischen „alter"
und „neuer" Kunst immer mehr zugespitzt, und drei Hauptver-
treter der modernen Richtung, Gras Kalckreuth, Carlos Grethe
und R- Poetzelberger haben, „des langen Haders müde", ihre
Stellung an der Karlsruher Kunstschule aufgegeben, als eine
Berufung nach Stuttgart an sie erging, wohin sie nunmehr,
gefolgt von einer Anzahl ihrer Schüler, übergesiedelt sind. Offen-
bar hat man in Karlsruhe das Bestreben, die durch jenen Weg-
zug entstandene Lücke so auszufüllen, daß den dortigen leitenden
Kreisen nicht der Vorwurf prinzipieller Gegnerschaft gegen die
moderne Kunst gemacht werden könne; und jedenfalls war es
dann ein glücklicher Einfall, Ludwig Dill zu berufen, über dessen
künstlerische Anschauungen und Prinzipien nirgends ein Zweifel
bestehen kann, wo man seine Werke kennt und wo man etwas
von der Münchener Secession weiß. München, und speziell die
Secession, verliert durch Dills Weggang eine markante und
überzeugungsfeste Persönlichkeit, die sich in ihrer künstlerischen
Entwicklung durch keine Rücksicht auf populären Erfolg hat leiten,
durch keine mißverständlichen Vorwürfe hat beirren lassen. —
Unsere Leser haben an der Nachbildung zweier seiner Bilder,
die wir erst vor kurzem (in H. 11 d. lauf. Jahrg.) brachten,
Gelegenheit gehabt, sich die vornehme und exquisite Eigenart
seiner Kunst zu vergegenwärtigen, soweit sie unter Verzicht auf
die Farbe veranschaulicht werden kann. Dill hatte sich in den
letzten Jahren ausschließlich die Dachauer Ebene, das „Dachauer
Moos", zum Studienfeld erkoren und dieses Stück Natur immer
intensiver mit seinem künstlerischen Temperament zu sehen und
künstlerisch wiederzugeben gelernt. Die einfachsten Motive ge-
nügen ihm zur Entfaltung eines Kolorismus, dessen Eigenart
und Wert nicht in glühenden Farben und starken Kontrasten,
sondern in ruhigen Harmonien voll gedämpften, aber intensiven
Wohlklangs beruht. Mit Adolf Holzel und Arthur Lang-
hammer hatte Dill sich zu einer kleinen Gruppe zusammen-
geschlossen, die in München zuerst in der Secessionsausstellung
des Jahres 1898 als „Neu-Dachauer" vor die Oeffentlichkeit trat.
Möge der vortreffliche Künstler auch an der neuen Stätte seines
Wirkens nicht aufhören, sich mit den alten Freunden und Kunst-
genossen und überhaupt mit dem Münchener Kunstleben, in dem
er jahrelang eine so hervorragende Stellung einnahm, in der Er-
innerung und in gemeinsamen Weilerschaffen verbunden zu fühlen!

Berlin. Der früher als Bildnismaler hochgeschätzte
Professor Adolf Henning konnte kürzlich sein neunzigstes
Lebensjahr vollenden. Der Kaiser verlieh ihm bei dieser Gelegen-
heit den Roten Adler-Orden 3. Klasse mit der Schleife. — Der
Präsident der Akademie der Künste, Geheimrat Prof. Hermann
Ende, feierte am 4. März seinen siebzigsten Geburtstag. l«Mil
— München. Eine beträchtliche Anzahl hiesiger Künstler
hat in einem offenen Schreiben an Paul Wallot in Dresden
gegen die im Reichstag gegen ihn gerichteten Angriffe protestiert. —
Auch von der Berliner und Wiener Secession, wie auch dem
Berliner Architekten-Verein werden Sympathie-Kundgebungen
für den Erbauer des Reichstagshauses und die mit ihm an-
gegriffenen Künstler Stuck und Hildebrand gemeldet. Die
Studenten der Dresdner Kunstakademie veranstalteten einen
Fackelzug zu Ehren Wallots. Auf die fernere Leitung der Aus-
jchmückungsarbeiten des Reichstagsgebäudes hat Wallot angesichts
der im Reichstage gefallenen Schmähungen verzichtet; Stuck hat
es abgelehnt, seinen Fries nach dem Wunsch der Kommission für
die Ausschmückung des Reichstagsbaues abzuändern. l^Wt
— Hamburg. Die Rathausbau-Kommission er-
öffnet einen Wettbewerb unter deutschen oder in Deutschland
lebenden Künstlern für die Ausführung der Wandgemälde im
großen Saal des hiesigen Rathauses. Die ursprünglich zu einem
engeren Wettbewerb eingeladenen Maler Gehrts und Geselschap
sind bekanntlich beide während der Vorbereitung ihrer Entwürfe
gestorben. Für den neuerlichen Wettbewerb sind Preise von
10900, 3000 und 2000 M. ausgesetzt. Das Programm kann
vom Rathausbaubureau kostenfrei bezogen werden. 18787)
— München. Hofrat Adolf Paulus hat die Geschäfts-
führung der „Secession" niedergelegt. — Die Eröffnung der
heurigen internationalen Ausstellung der „Secession" ist

Atelier-Nachrichten. 22 z

durch Beschluß der Generalversammlung der Vereinigung auf
den 1. Juni verlegt worden. Als spätester Einlieferungstermin
gilt der 15. Mai. I^3f

kt. Berlin. Preisbewerbungen bei der Akademie.
Die Fristen für die Bewerbungen um die Großen Staats-
preise und die für die Preise der Michael Beerschen Stif-
tungen sind bis zum 13. April verlängert worden. Nicht ver-
legt werden konnte die Zeit für die Einreichung der Bewerbungen
um den Preis der vr. Paul Schultze-Stiftung, um den sechs
Bewerber ringen. Von ihnen haben fünf ihre Studien auf der
Hochschule für die bildenden Künste Hierselbst gemacht und einer
im akademischen Meisteratelier für Bildhauerei unter Leitung des
Altmeisters Reinhold Begas. 18,ss;

rr. Düsseldorf. Am 16. März ist Professor Wilhelm
Sohn, einer der hervorragendsten Meister der Düsseldorfer Schule,
in der Heilanstalt Pützchen bei Bonn nach langem Leiden im
siebzigsten Lebensjahre gestorben. Als Lehrer an der Düssel-
dorfer Kunstakademie hat der Verewigte seit 1874 bis vor wenigen
Jahren höchst erfolgreich gewirkt. Viele der jetzt namhaften
Künstler haben Wilhelm Sohn, der ein ausgezeichneter, seine
Schüler anregender und fördernder Lehrer war, ihre Ausbildung
zu verdanken. Geboren 1819 in Berlin, kam er im Alter von
siebzehn Jahren nach Düsseldorf und wurde hier Schüler seines
Oheims und späteren Schwiegervaters, des Professors Karl Sohn.
Wie die meisten damals die Akademie besuchenden Figurenmaler,
wollte Wilhelm Sohn anfänglich Historienmaler werden. Aus
dieser Zeit stammen seine Bilder „Christus am Oelberg" und
sein „Christus mit den Jüngern auf dem stürmischen Meere"
(in der Städtischen Gemälde-Galerie zu Düsseldorf). In den
fünfziger Jahren kam die Genremalerei in Düsseldorf zur Blüte,
nachdem schon Karl Hübner, Rudolf Jordan, Hasenclever und
Adolf Tidemann hier Hervorragendes auf dem Gebiete des Sitten-
bildes geleistet hatten. Mit Ludwig Knaus und Benjamin
Vautier war die Genremalerei das bevorzugte Gebiet geworden.
Auch Wilhelm Sohn erkannte, daß diese sein Berus sei und wandte
sich derselben zu. Seine ersten Bilder dieser Art: „Eine Ge-
wissensfrage" (in der Karlsruher Galerie), „Verschiedene Lebens-
oege" (in der Galerie zu Wiesbaden), machten seinen Namen
hon allgemein bekannt. Aber erst als er mit seinem Meister-
werke, der „Konsultation beim Rechtsanwalt" (jetzt im Museum
zu Leipzig) im Jahre 1866 auflrat, wurde er als einer der her-
vorragendsten Genremaler Deutschlands anerkannt. Dieses Bild
wurde auf der Pariser Weltausstellung 1867 allgemein bewun-
dert und mit der goldenen Medaille ausgezeichnet. Im Jahre
1874 wurde Wilhelm Sohn gemeinsam mit Eduard von Gebhardt,
seinem ihm eng verbundenen Freunde und Kunstgenossen, als
Lehrer an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen Hier hat er,
wie bereits erwähnt, höchst erfolgreich gewirkt. Mit dem Ein-
treten Wilhelm Sohns und Eduard von Gebhardts begann für
die Düsseldorfer Kunstakademie eine neue Aera. Leider ist sein
letztes und vielleicht bedeutendstes Bild „Die Austeilung des hl.
Abendmahls an einen Kranken", eine ergreifende Darstellung aus
der Zeit des siebzehnten Jahrhunderts, unvollendet geblieben. Das-
selbe war für die Königliche Nationalgalerie in Berlin bestimmt.
Einzelne Teile des Bildes sind meisterhaft vollendet und über-
treffen in der Charakteristik der Figuren, im lebendigen Ausdruck
und in der brillanten Koloristik noch seine berühmte „Konsulta-
tion beim Rechtsanwalt". In den letzten Jahren bewirkte der Tod
seiner Frau und ein immer weiter fortschreitendes Gehirnleiden
eine Lähmung seiner geistigen Kraft. Vor einigen Jahren nahm
Wilhelm Sohn seinen Abschied als Lehrer an der Kunstakademie.
Sein Leiden steigerte sich in der letzten Zeit so, daß er in der
Heilanstalt für Nervenkranke in Pützchen bei Bonn untergebracht
werden mußte. An hohen Auszeichnungen, Orden und Medaillen
hat es ihm nicht gefehlt. Wilhelm Sohn war Mitglied der Aka-
demie zu Berlin. Er wird für immer als einer der allerersten
Meister der Düsseldorfer Schule genannt werden. 18783)

li. Brüssel. Hier>elbst starb der Landschafter Edmund
de Schampheleer, der seiner Zeit als eine der größten Zierden
der neuzeitigen vlämischen Malschule galt. Er lebte lange in
München und Wien und eignete sich daselbst eine große Korrekt-
heit in der Technik an. Die meisten Museen besitzen Werke
seiner Hand. l»77g)

— Gestorben. In Dresden am 25. Februar der Porträt-
maler H. R. Jährig; in München am 4. März der Maler
Eduard Gleim; in Stuttgart am 5. März der Hofbaudirktor
a. D. Josef v. Egle; in München der Kunsthistoriker uud
Lehrer an der dortigen Kunstgewerbeschule Professor Dr. Paul
Friedrich Krell. I«784)
 
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