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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Gronau, Georg: Kunst und Publikum
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Stier, A.: Fritz v. Uhde
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0304

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Annst und Publikum.

kein Begriff, der sich fassen läßt; er wechselt mit den
Völkern und den Jahrhunderten, ja mit den Generationen;
eine absolute, stets allgemein gültige Schönheit giebt es
nicht und kann es nicht geben. Schönheit wechselt auch
nach den verschiedenen Künsten. Für das wahre Wesen
der malerischen Schönheit — die Probleme der Raum-
bildnng, des Kolorismus, des Helldunkels, des Pleinairs —
fehlt dem Publikum das Verständnis.

Wo die Kunst etwas Neues schafft, wird das
künstlerische Auffassungsvermögen des Publikums stets
versagen. Besonders wenn die Wandlung in der Natur-
anschauung sich lebendig entwickelt. „Es giebt Momente,
in denen die Wandlung schärfer ins Bewußtsein tritt,
wo auch der vorurteilslosere und sensitivere Beschauer
nicht ohne Mühe zu folgen vermag." Das Künstlerauge
„entdeckt Reize in dem Verhältnis der Objekte zu einander,
Feinheiten der Lichtbrechung, Schönheiten des atmosphä-
rischen Lebens, die bisher noch niemand geschaut". Neue
technische Ausdrucksmittel werden oft im Zusammenhang
damit gefunden. Aber anstatt dem Künstler für die Er-
weiterung seiner Anschauung dankbar zu sein, nimmt das
Publikum das Neue mit Opposition auf. „Nicht verlangen
sollte der Laie, daß der Künstler ihm die Natur zeigt, wie
er sieht, sondern er soll durch die Kunst lernen die Natur
zu sehen." Erst spät, aber mit Notwendigkeit vollzieht
sich dann der Umschwung auch bei dem Publikum, das
nun die in der Kunst vorhergehende Periode
scharf zu verurteilen geneigt ist.

Nur eine neue Richtung in der Kunst, die
„das Vermögen, einen Natureindruck wieder-
zugeben, verfeinert und gesteigert hat", be-
deutet einen Fortschritt. „Es ist eine Be-
obachtung von nicht zu verkennender Bedeu-
tung, daß jede malerische Entwicklung eine
naturalistische ist. So oft die Malerei sich
der Natur zuwendet, strömt ihr eine Fülle
neuen Lebens zu. Im Naturalismus löst
nicht nur — eine äußerliche Richtung eine
andere ab, sondern bis in ihre Wurzeln wird
die Kunst verjüngt. Das ist es, was ihn un-
widerstehlich macht."

Das Verhältnis des Publikums aber
zu den großen Meistern seiner Zeit ist fast
tragisch zu nennen. Es fehlt ihm die Gabe,
das künstlerische Temperament überhaupt zu
schätzen: und gerade die Stärke desselben
charakterisiert die höchste Begabung, deren
Leistungen sich weit über Durchschnittsge-
schmack erheben. Es ist das tragische Los
des Genius, unverstanden zu bleiben, ab-
gesehen von einer kleinen Zahl. Die Popu-
larität, die vielleicht dem großen Künstler in
seinen späten Jahren zu teil wird, zumal sie
oft Modesache ist, entschädigt ihn nicht. Es
fehlt in unseren Tagen an der kleinen Ge-
meinde derer, die höchster Kultur fähig ist,
wie sie an allen großen Kunstepochen ihren
lebendigen Anteil gehabt hat. Das Schicksal
der großen holländischen Meister war eine
Folge, daß damals an die Stelle der Wenigen
ein breites Publikum getreten war, dem es
an künstlerischer Bildung fehlte. Eine Be-
trachtung der Vergangenheit lehrt, daß „die

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Uebelstände — in der Entwickelung der Dinge begründet
sind". Zu fördern gilt es die Besten, nicht die große
Menge.

Mit einem Ausdruck der Hoffnungen für die Förderung
der Kunst, die sich an die Person des Kaisers knüpfen,
schließt der Vortrag, dessen Inhalt wiederzugeben wir
bestrebt waren. Die klare und leicht übersichtliche Form,
die eindringliche und von dem Schwung einer innerlichen
Ueberzeugung getragene Sprache machen den Inhalt der
Festrede nicht minder bedeutungsvoll, als die Versammlung,
an welche sie unmittelbar gerichtet war, und die Persön-
lichkeit des Redners. G. Gr.

Frist v. Ilstdv.

wo ich ZUIN erstenmal Dich recht verstand?

Nicht Aug' in Auge war's mit Deinen Werken;

Fern von der Heimat erst, im welschen Land.

Lernt' ich auf Deine stille Größe merken.

Ls war vor veroneses Farbenpracht,

Zm Glanz Venedigs. Bb der gold'ne Schimmer
Mir noch so sehr ins trunk'ne Aug' gelacht,

Das Heiligste und Beste fehlte immer.

vor seiner Ueppigkeit gedacht' ich Dein!

Sein Lhristus bei dem festlichen Gelage

Lin glänzend Schauspiel! — Lvangelisch rein

Dein schlichter Heiland an dem werkeltage! u. Siic,.

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