Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

DOI Artikel:
Keyssner, Gustav: Russische Bilder
DOI Artikel:
Grillparzer, Franz: Gedanken
DOI Artikel:
Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Russische Bilder, von G. Keyßner. — Personal- und Atelier-Nachrichten.

73

Bildnis der
Fürstin Galitzin.

r. kt. München. In der von Professor Gabriel
Seidl erbauten St. Anna-Kirche hat Professor Rudolf Seitz
die Apsis mit einem großen Bild geschmückt, das in jeder Be-
ziehung Aufmerksamkeit verdient. Die Dreieinigkeit darstellend
zeigt es in seiner oberen Hälfte, von betenden Engeln strahlen-
förmig umgeben, den aus den Wolken hervorblickendcn, mächtigen
Kopf Gott Vaters mit dem heiligen Geist als Taube unter sich.
Unter ihnen thront, die Füße auf der Weltkugel, der Erlöser,
neben dem die betende Mutter Gottes kniet, während auf der andern
Seite die heilige Anna als Kirchenpatronin vor ihm steht. Zu
beiden Seiten der heiligen Frauen sind dann die zwölf Apostel
in weißen Festgewändern aufgestellt. Die sorgfältig abgewogene
Symmetrie dieser Anordnung, ihre Umrahmung mit vergoldeten
Lichtstrahlen und leuchtenden Wolken, von denen sich die Figuren
ungemein wirkungsvoll abheben, das macht zusammen den Ein-
druck einer so feierlichen Pracht, daß es sofort den Blick anzieht
und die ganze Kirche unbedingt beherrscht, ja ihr erst den rechten
Mittelpunkt giebt. Diese ganz modern koloristische Wirkung wird
noch erhöht durch die treffliche Charakteristik der Einzelgestalten,
besonders des majestätischen Gott Vaters, so daß man hier wohl
von einem Fortschritt unserer neueren Malerei zu ganz eigen-
tümlich imponierender Wirkung sprechen kann. Denn dieselbe
unterscheidet sich besonders dadurch von unserer älteren, daß sie
die Valeurs richtiger berechnet, so daß das Licht wirklich leuchtend,
und weiß als hellste Farbe wirkt. — Soll jede Kirche ein Stück
lebendiger Kunstgeschichte darstellen, das Denkmale aller Perioden
seit seiner Erbauung enthält, so gelingt das hier unserer St. Anna-
Kirche in ungewöhnlichem Grade und verleiht ihr dadurch einen
eigenartigen Reiz. l^oo;

M Dessau. Das neuerbaute Kreisdirektionsgebäude auf
der Zerbster Straße hat in seinem Sitzungssaal eine echt künst-
lerische Zierde durch neun Landschaftsbilder erhalten, welche der
hier ansässige Professor Paul Rieß im Aufträge der herzog-
lichen Bauverwaltung im Laufe dieses Sommers geschaffen hat.
Die Motive der Bilder sind aus dem Dessauer Kreis genommen,
die Gemälde enthüllen dem Beschauer unter Vermeidung jeder
Monotonie reizvolle Schönheiten des heimatlichen Landes zu den
verschiedensten Tages- und Jahreszeiten. In treuer Wiedergabe
der Natur hat es der Künstler aber dabei doch verstanden, jeder
AonstantinAorovinc xinx. seiner Schöpfungen den Stempel ,seiner eigenen, starken Indivi-
dualität aufzudrücken. Mss;

sie die Details zu Gunsten der größeren Flächen opfern,
die Konturen stark betonen u. ä.; aber nicht minder ge-
schmackvoll und gewandt sind sie in der Durchführung ganz
moderner Probleme, wie etwa der Darstellung einer sonnen-
lichtdurchblitzten Wasserfläche (auf Gallens reizendem Bild-
chen: „Hirtenknabe aus Paanajärvi"). Auch in der bild-
mäßigen Anlage, in der Wahl des Ausschnittes — Dinge,
von denen unter den russischen Malern fast nur die in Paris
lebende Marie Jakountschikow etwas aufzuweisen hatte —
zeigten sie Esprit und Humor. So steht die finische
Malerei innerhalb oder richtiger neben der russischen als
etwas Besonderes und Originales da; es ist im Innersten
germanische, skandinavische Kunst. Aber das ganz im
Vertrauen unter uns Deutschen; warum weder die Finen,
noch die Russen dergleichen hören wollen, gehört schon
ins Kapitel der Politik.

-43 Gedanken. -

Der Künstler, an dem man die Vriginalität als charakte-
ristische Eigenschaft hervorhebt, gehört schon deshalb in den
zweiten Rang; denn die Geister ersten Ranges charakterisiert
der Sinn für das Natürliche. Sie machen es wie alle anderen,
nur unendlichmale bester. Kranz Grillparzer.

Die Aunst für Alle XIV.
 
Annotationen