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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Perfall, Anton von: Unter dem Schlapphute!, [3]: Novelle aus dem Künstlerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0054

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Unter dem Schlapphute!

Der Ausrufer. von L. Zonaro.

Unter dem Schlapphute!

Novelle aus dem Rünstlerleben von Anton Freihcrrn von Perfall.

(Schluß aus dem Vorigen Hefte.) Nachdruck verboten.

ie Ausstellung begann.

Das wilde Erfolgsgebrüll der Jugend übertönte alle
ernsten, warnenden Stimmen. Der Name Julei Martens
war einer der am lautesten gerufenen. Noch einmal ließ er
sich täuschen, gab er sich ganz dem berückenden Taumel hin.

Die Dosis war Wohl zu stark für den aufgearbeiteten
Meister; er erkrankte schwer.

Frida wich nicht von seinem Lager.

Es war, als ob all die wilden Phantasien aus den
ungezählten Kisten sein Gehirn durchjagten, alle die
giftigen Farben sein Blut entzündet hätten.

Als nach Monaten sein verirrter Geist wieder zu-
rückgekehrt war in seine arg mitgenommene Wohnung,
da erblickte er anstatt des jungen, voll erblühten Weibes
vor seinem Lager ein zartes bleiches Wesen mit tiefen
Leidenszügen im abgehärmten Antlitz.

Papa Rosner war mit einer Kugel seinem schmäh-
lichen Sturz zuvorgekommen.

Die Ausstellung war längst geschlossen und das End-
urteil über sie gefällt. Der Fall Rosner bestätigte es
nur. Alles war faul, was mit dem Namen zusammen-
hing. Was konnte man sich unter einer solchen Präsident-
schaft anderes erwarten! Der Müller Julei, lächerlich!
Von der Rosnerschen Million ließ man sich blenden, die
eben so hohl war wie dieser Maler.

Der Name Müller Julei wurde von dem Augenblicke
an aus allen Listen gestrichen.

Wieder war ein Jahr vergangen.

Julei hatte sein Atelier in der Vorstadt aufgeschlagen.

Der letzte persische Teppich Rosnerischer Abkunft war
verkauft und es ging nicht vorwärts mit der Arbeit.
Gerade wie verhext. Er war ja längst bescheiden ge-
worden und dachte nicht mehr an himmelstürmende Ent-
würfe, ganz schlichte Sachen wollte er malen für den
Markt, nur um die Not abzuhalten. — Aber es ging
einfach nicht mehr. — Er fand den Weg nicht mehr
zurück und jede Kraft erlahmte.

Frida bewährte sich erst recht im Unglück und oft
stritten sie sich tagelang, indem eines dem andern die
Schuld abnehmen wollte an dem künstlerischen Nieder-
gang. Aber er las etwas in ihren Augen, was ihn toll
machte — Mitleid mit seiner Ohnmacht.

Eben jetzt wieder, als sie ihm den Pinsel aus der
Hand zog und sanft auf die Stirne küßte, welche glühte
von fruchtlosem Mühen.

„Es kommt schon wieder, nur Geduld, erzwingen
läßt es sich nicht."

Da warf er Pinsel und Palette weg und lief aus
dem Hause.

Planlos eilte er in der Stadt umher, die Fäuste
in den Hosentaschen geballt. Er brauchte Luft, An-
regung von außen, dieses Dahindämmern und sich Ab-
sorgen macht es. — Frida ist ja herzensgut, er liebt
sie ja über alles, aber am Ende ist sie doch die Tochter
des alten Rosner, kein Tropfen Künstlerblut in ihr.

Plötzlich sah er sich auf dem Markte.

Das bunte Leben, die kräftigen Farben ringsum,
herausquellend in üppiger Fülle aus jedem Korbe, der
 
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