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Kunstwart und Kulturwart — 38,2.1925

DOI Heft:
Heft 8 (Maiheft 1925)
DOI Artikel:
Trentini, Albert: Aufklärung des Kindes, oder Leben mit dem Kinde?
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sch.: Ostasiatische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8168#0094

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dre Ehe, wie sie heute noch gelebt wird, und zwar deutlich aus dem Grunds
dieser falschen Erziehung und aus dem hieraus naturnotwendig folgenden
anderu: der uicht genug gewissenhaften Gattenwahl, Eltern liefert, die
nicht beispielhaft mit dem Kinde zu leben vermögen, ist, leider, gewiß!
Amd so wenig hier über diese beiden Fragen zu reden ist, — über die Frage:
wie bilden wir endlich in der Schule und in der Gesellschaft Menschem
heran, die Diener am Ganzen der weltlichen oder gottweltlichen Natur
bedenten? nnd über die weitere: wie bringen wir es endlich zustande,
aus dem heute tausendmillionenfach kompromittierten Institut der „Ehe"
eine Ehe zu machen, in welcher zwei Diener am-Ganzen den einzig taug-
lichen Organismus erkennen, in den ineinandergefügt sie sich beide am
gemeinsamen Welt- oder Gottesdienst zu verwirklichen, und also auch ihr
Geschlechtschicksal mit der vollen Höhe eines schöpferischen Mysteriums zu
erleben vermögen? — obwohl diese,zwei Fragen hier nur gestellt werden
dürfen: sie seien doch eben gestellt! Nicht nur, weil die chaotische Gegen-
wart gerade durch ihr tobendes Chaos gewiß macht, daß diese Fragen ge-
löst werden müssen, und also werden gelöst werden! Sondern, um auch
dem Gegenstand gegenüber, welcher hier behandelt worden ist, mit letzter
Deutlichkeit die kategorische Forderung auszusprechen: daß nichts von
alledem, was uns die erwartete Zukunft an dem Gegenwärtigen zu ändern
befiehlt, exzentrisch, das heißt, von außen herein geändert werden darf;
soudern vielmehr Alles einzig inzentrisch, und ,das heißt: unmittelbar
vom Innersten, von der Wurzel seines Wesens heraus, reformiert werden
muß! AlbertTrentini

Ostasiatische Kunst

chwerlich hat eine Zeit ein tieferes, umformenderes Kunsterlebnis ge-
((^habt als die unsere es in der ostasiatischen Kunst findet. Schon die

erste Berührung des Einzelnen mit dieser Kunst ist von seltsamem
Reiz. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie ich zuerst Fujijama-Holzschnitte
sah, japanische Massenholzschnitte von geringem Kunstwert; es war der
erste leise, undeutliche Ton, der aus dieser größten irdischen Ferne zu mir
drang, und doch ein Zeichen davon, daß dort am Stillen Ozean Menschen
Werke schaffeu, so wie wir und zugleich tief, tief anders als wir; ich ahnte
imn etwas von der Vielfältigkeit und Riesengröße der Erde, von der Bunt-
heit der Kulturen, von der Herrlichkeit eines umfassenden Blickes über alle
Uusprägungen des Menschtums hin. Nnd doch war das nur der ver-
schwimmende, romantische Reiz der Ahnung. So groß er sein mochte, er
sollte und mußte näherer, sachlich tieferer Erkenntnis weichen.

Sie wurde mir, wie vielen Deutschen, im Zusammenhang mit dem Auf-
blühen der wissenschaftlichen Erforschung ostasiatischer Kunst. Denu damals
gab es, in Deutschland wenigstens, nur wenige Kenner dieses Gebietes, und
sie stritten einander weidlich diese Kenntnis ab; das schien fast ihre Haupt-
tätigkeit. Seither aber ist das uuendlich reiche, ferne Feld in ungeahntem
Maße erobert worden. Nicht als ob wir nun alles wüßteu und verstünden,
was ostasiatische Kunst angeht. Nuermeßlich weit sind wir davon entfernt,
auch nur so viel zu wisseu wie über Griechenland und Rom; und vielleicht
werden wir vieles nie verstehen lernen. Dennoch ist ein großer Unter-
schied gegen früher. Ganze Teilgebiete sind entdeckt; altbekanute sind er-
weitert und durchforscht; die seelischeu, gesellschaftlichen, nationalen Quellen
 
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