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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0025

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6.2. Möglichkeiten und Zugänge zur Klinischen Psychodiagnostik

Erfahrungen handelt. Die allgemeinen Probleme, die mit einer derartigen Strategie für
die ätiologische und genetische Forschung in Kauf genommen werden müssen, wur-
den in Band I, Kap. 5.2. bereits ausführlich erläutert. Die Sammlung lebensge-
schichtlicher Informationen kann durch Erinnerungslücken, aufgrund bewußter oder
unbewußter Fehler des Berichtenden, durch begrenzte Reflexionsfähigkeit oder auch
aufgrund aktueller Bedingungen wie der Stimmungslage des Berichtenden beeinflußt
werden. Um diese Fehler zu vermeiden, wird eine konstruktgeleitete Erfassung von
Biografien gefordert, obwohl dies eigentlich der Definition der Biografik (s.o.) wider-
spricht. Für die konzeptuelle Strukturierung der biografischen Exploration schlägt
Wiedemann (1987) beispielsweise die Orientierung am Lebensgefühl der Person, an
der Zeitstruktur des Lebenslaufs oder an der Wechselwirkung von Lebenslage und Le-
benssituation vor (z. B.: "Ich bin ein Arbeiterkind, das Darüber hinaus ist es
nicht einfach, aus individuellen Lebensläufen Verallgemeinerungen abzuleiten (vgl.
Horn etal., 1983).

Unbestritten ist der hohe klinisch-heuristische Wert der Biografik. Die Problemge-
schichte eines Klienten liefert diesem und seinem Gesprächspartner oft ein hilfreiches
Gerüst, um Beziehungen zwischen Ereignissen, Erfahrungen und wiederholten Hand-
lungsweisen aufklären, die damit in die Eigenheiten, Motive, beständige Konflikte
oder Lebensthemen einer Person Einblick gewähren. Besonders einflußreich sind die
mit den Erfahrungen und Erinnerungen verbundenen Gefühle und Stimmungen
(Showers & Cantor, 1985).

# Versuch einer Systematisierung

Fahrenberg (1983b) hat die verschiedenen diagnostische Aufgaben, Datenquellen,
Datenbereiche und Methoden in einer Taxonomie von Methoden der Datenerhe-
bung systematisiert (vgl. Tab. 6.2.)

In dieser Taxonomie wird vor allem die außerordentliche Breite psychodiagnosti-
scher Ansätze gezeigt, die deutlich macht, daß die in der Fachliteratur dominierende
Test- und Fragebogendiagnostik nur einen sehr kleinen Ausschnitt der diagnostischen
Zugänge und Möglichkeiten abdeckt. Betont werden in dieser Taxonomie neben den
intrapsychischen Daten vor allem die klinisch bedeutsamen biopsychologischen
Merkmale (Person-Körper-Beziehungen). Ökopsychische Merkmale (Person-Umwelt-
Beziehungen) werden im Rahmen von Selbst- und Fremdbeschreibungen thematisiert,
obwohl ihnen inzwischen durchaus eine eigenständige Bedeutung zukommt (vgl.
Kruse et al., 1990; vgl. auch die interpersonale Diagnostik, Kap. 6.4.5.).

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