9.2. Historische Aspekte der Gesundheitspsychologie und der
Gesundheitsförderung
9.2.1. Konzepte von Gesundheit und Heilung in der Antike
Während sehr frühe Gesundheitspraktiken meist mit magischem Denken, dem Glau-
ben an übernatürliche Kräfte und Götter und rituellen Handlungen verbunden waren,
wurden bereits in der Antike systematische Konzepte zu Gesundheit und Krankheit
von griechischen, römischen und arabischen Ärzten und Philosophen entwickelt. Die
Griechen gingen von der Philosophie aus, daß der Mensch die Möglichkeit hat, frei
zu entscheiden, ob er gesund oder krank leben will und damit auch seine Lebensweise
und sein Lebensschicksal selbst gestalten kann. Der griechische Arzt Hippokrates (460
- 377 v. Chr.) gilt als Vertreter und Wegbereiter der Entwicklung einer Lehre vom
Gesundheitsverhalten, der Diätetik. Als Voraussetzung eines ganzheitlichen Wohlbe-
findens wurde die Harmonie und Ausgewogenheit zwischen Körper und Seele erach-
tet. Regeln für eine gesunde Lebensweise zielten auf die Vermeidung von Exzessen,
das Anstreben von körperlichen Tugenden (Gesundheit, Kraft, Schönheit) und geisti-
gen Tugenden (Frömmigkeit, Tapferkeit, Mäßigung, Gerechtigkeit), sowie auf die
Selbstkontrolle und Selbstveranwortung des Menschen ab. Im Mittelpunkt standen
primärpräventive Konzepte wie das frühzeitige Bemerken leichter Befindlichkeitsstö-
rungen ("verstopfte Nase", "schwere Augenlider", "Jucken zwischen den Augen")
und weniger die Therapie bereits bestehender Erkrankungen. Als bevorzugte Bereiche
der gesunden Lebensführung galten Körperpflege, Ernährung und körperliche Ertüch-
tigung. Idealerweise sollte ein gesundheitsförderlicher Tag in Körperübungen, Baden,
Zeiten der Ruhe, des Schlafens und des Entspannens eingeteilt sein.
Anhand der anschaulichen Beschreibung eines empfohlenen Tagesablaufes in
Kasten 9,1. wird ersichtlich, daß eine solche tagesfüllende Beanspruchung für die All-
gemeinbevölkerung nicht durchführbar war, sondern hauptsächlich auf die Ober-
schicht bzw. wenige Privilegierte abzielte. Ebensowenig Beachtung wie der Arbeits-
welt wurde Frauen und Kindern bei diesen Ausführungen geschenkt.
Die römische Diätetik läßt sich demgegenüber in dem Grundsatz des Maßhaltens in
allen Dingen zusammenfassen. Praktische und leicht umsetzbare Empfehlungen und
Ratschläge wurden favorisiert, wie z.B. die folgenden für Magenkranke:
"Leidet jemand am Magen, so muß er laut lesen, nach dem Lesen Spazierengehen, dann durch Ballspiel
oder durch Fechten oder andere Dinge, wodurch die oberen Körperpartien in Bewegung gesetzt wer-
den, sich üben; er soll nüchtern kein Wasser, sondern warmen Wein trinken, ferner zweimal täglich es-
sen, doch sollen die Speisen so sein, daß er leicht verdaut. Ferner muß ein solcher ganz leichten und
herben Wein trinken und nach dem Essen besonders kalte Getränke genießen." (Celsus, 1906, zit. nach
Henkelmann & Karpf, 1982, S. 33)
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Gesundheitsförderung
9.2.1. Konzepte von Gesundheit und Heilung in der Antike
Während sehr frühe Gesundheitspraktiken meist mit magischem Denken, dem Glau-
ben an übernatürliche Kräfte und Götter und rituellen Handlungen verbunden waren,
wurden bereits in der Antike systematische Konzepte zu Gesundheit und Krankheit
von griechischen, römischen und arabischen Ärzten und Philosophen entwickelt. Die
Griechen gingen von der Philosophie aus, daß der Mensch die Möglichkeit hat, frei
zu entscheiden, ob er gesund oder krank leben will und damit auch seine Lebensweise
und sein Lebensschicksal selbst gestalten kann. Der griechische Arzt Hippokrates (460
- 377 v. Chr.) gilt als Vertreter und Wegbereiter der Entwicklung einer Lehre vom
Gesundheitsverhalten, der Diätetik. Als Voraussetzung eines ganzheitlichen Wohlbe-
findens wurde die Harmonie und Ausgewogenheit zwischen Körper und Seele erach-
tet. Regeln für eine gesunde Lebensweise zielten auf die Vermeidung von Exzessen,
das Anstreben von körperlichen Tugenden (Gesundheit, Kraft, Schönheit) und geisti-
gen Tugenden (Frömmigkeit, Tapferkeit, Mäßigung, Gerechtigkeit), sowie auf die
Selbstkontrolle und Selbstveranwortung des Menschen ab. Im Mittelpunkt standen
primärpräventive Konzepte wie das frühzeitige Bemerken leichter Befindlichkeitsstö-
rungen ("verstopfte Nase", "schwere Augenlider", "Jucken zwischen den Augen")
und weniger die Therapie bereits bestehender Erkrankungen. Als bevorzugte Bereiche
der gesunden Lebensführung galten Körperpflege, Ernährung und körperliche Ertüch-
tigung. Idealerweise sollte ein gesundheitsförderlicher Tag in Körperübungen, Baden,
Zeiten der Ruhe, des Schlafens und des Entspannens eingeteilt sein.
Anhand der anschaulichen Beschreibung eines empfohlenen Tagesablaufes in
Kasten 9,1. wird ersichtlich, daß eine solche tagesfüllende Beanspruchung für die All-
gemeinbevölkerung nicht durchführbar war, sondern hauptsächlich auf die Ober-
schicht bzw. wenige Privilegierte abzielte. Ebensowenig Beachtung wie der Arbeits-
welt wurde Frauen und Kindern bei diesen Ausführungen geschenkt.
Die römische Diätetik läßt sich demgegenüber in dem Grundsatz des Maßhaltens in
allen Dingen zusammenfassen. Praktische und leicht umsetzbare Empfehlungen und
Ratschläge wurden favorisiert, wie z.B. die folgenden für Magenkranke:
"Leidet jemand am Magen, so muß er laut lesen, nach dem Lesen Spazierengehen, dann durch Ballspiel
oder durch Fechten oder andere Dinge, wodurch die oberen Körperpartien in Bewegung gesetzt wer-
den, sich üben; er soll nüchtern kein Wasser, sondern warmen Wein trinken, ferner zweimal täglich es-
sen, doch sollen die Speisen so sein, daß er leicht verdaut. Ferner muß ein solcher ganz leichten und
herben Wein trinken und nach dem Essen besonders kalte Getränke genießen." (Celsus, 1906, zit. nach
Henkelmann & Karpf, 1982, S. 33)
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