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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0286

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10.5. Psychotherapeuten

Welche Psychotherapeuten sind in
der Psychotherapie besonders er-
folgreich? Gibt es tatsächlich gene-
rell besonders befähigte Psycho-
therapeuten, wie oft behauptet
wird? In welchen Merkmalen un-
terscheiden sich erfolgreiche von
weniger erfolgreichen (oder sogar
schädigenden) Psychotherapeuten?
Spielt die Erfahrung von Psycho-
therapeuten für ihre Wirksamkeit
eine besondere Rolle? Welche Re-
levanz und Auswirkung haben
Selbsterfahrung und eine eigene
Psychotherapie in der Ausbildung

(persönliche Ausbildungstherapie)
sowie die Supervision der prakti-
schen Tätigkeit für Therapeuten
und Klienten? Welchen beruflichen
Belastungen sind Psychotherapeu-
ten ausgesetzt und wie gehen sie
damit um? Diese Fragen, die sich
mit der Person des Psychothera-
peuten, den Auswirkungen per-
sönlicher Merkmale auf den Ver-
lauf von Psychotherapien und den
Rückwirkungen ihrer beruflichen
Tätigkeit auf sie selbst beschäfti-
gen, werden in diesem Kapitel be-
handelt.

10.5.1. Persönliche Merkmale von Psychotherapeuten und der
Behandlungsverlauf

In ihren Auswirkungen auf den therapeutischen Verlauf (Ergebnis und Prozeß) sind
persönliche (wie z.B. Alter, Geschlecht, Persönlichkeitsmuster, emotionales Wohlbe-
finden) und professionelle Merkmale von Psychotherapeuten (z.B. therapeutische Er-
fahrung, Kompetenz) untersucht worden. In seiner Übersicht über diese Zusammen-
hänge mußte Orlinsky (1989, S. 427; Ü.d.A.) allerdings feststellen, daß ".. keines
der professionellen, demographischen oder persönlichen Merkmale von Psychothera-
peuten, die untersucht wurden, konsistent mit dem Behandlungserfolg korrelieren".
Der Akzent in dieser Beurteilung liegt auf der mangelnden Konsistenz der Ergebnisse,
die vor allem mit der Komplexität der untersuchten Wirkungsmuster zusammenhängt
(vgl. Beutler et al., 1986): Die Ergebnisse sind abhängig von der Auswahl der heran-
gezogenen Kriterien (beispielsweise von der Person, die den Behandlungserfolg beur-
teilt: Orlinsky & Howard, 1986), der Methodik der Untersuchung (z.B. ihrer experi-
mentellen oder naturalistischen Anlage: Beutler et al., 1986), dem psychotherapeuti-
schen Einsatzbereich (z.B. Psychotherapie von drogenabhängigen Jugendlichen, Kin-
dern, stationär oder ambulant behandelten Erwachsenen) und den komplexen Interak-
tionen mit jeweils anderen Merkmalen von Therapeuten oder Klienten. Um zu ge-
naueren Aussagen zu kommen, muß der Geltungsbereich der Untersuchungen spezifi-
ziert werden, beispielsweise auf die ambulante Therapie von Erwachsenen.

Die Bedeutung der Konfundierung mit anderen Merkmalen ist am Beispiel des
Alters von Psychotherapeuten leicht zu verdeutlichen: Das Alter von Psychothera-
peuten ist regelmäßig mit anderen Variablen verknüpft, da ältere Therapeuten

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