12.4. Krisenintervention und Suizidprophylaxe
Krisenintervention bezeichnet eine Form der Frühbehandlung und Vorbeugung psy-
chischer Störungen, Krankheiten und Fehlhaltungen, deren Auftreten in einem engen
Zusammenhang mit Krisen steht. Ihr Ziel ist die professionelle Hilfe bei Menschen in
akuter Notlage und in Krisen Situationen, um eine Zuspitzung der Problematik (z.B. in
Richtung Suizid) oder ihre potentielle Chronifizierung zu verhindern (Fiedler, 1988;
Michelitsch-Traeger, 1981; Sonneck, 1982a; Perrez, 1991).
Die Auslöser und Eigenarten persönlicher Krisen sind vielfältig. Sie reichen von
sogenannten traumatischen Krisen (durch Katastrophen, Krankheit, plötzliche Invali-
dität, Vergewaltigung) bis hin zu Krisen, die sich durch mehr oder weniger plötzlich
eintretende Lebensveränderungen ergeben (wie Verlassen des Elternhauses, Heirat,
Geburt, Tod einer nahestehenden Person). Für Eigenarten und Ausmaß der individu-
ellen Krisenentwicklung spielt die subjektive Bedeutung des Krisenanlasses eine be-
trächtliche Rolle (Herausforderung, Bedrohung, Schädigung, unersetzbarer Verlust).
Sie ist des weiteren abhängig von den sozialen Auslösern und Begleiterscheinungen
der Krise (Statuswechsel, Arbeitsplatzverlust) und von der sozialen Situation der Be-
troffenen (Verarmung, zerrüttete Familienverhältnisse; zum Begriff Kritisches Le-
bensereignis: vgl. Band I, Kap. 5.2.2.).
Zur Krise kann es kommen, wenn eine Person ein Mißverhältnis erlebt zwischen
situativen und sozialen Anforderungen und den ihr zur Verfügung stehenden Hand-
lungsmöglichkeiten. Ereignisse und Erfahrungen können von Betroffenen nicht mehr
sinnvoll bewältigt werden, weil die ihm bisher bekannten und bewährten Lösungs-
möglichkeiten nicht mehr hinreichen. Eine Krisenentwicklung kann sich drastisch ver-
schärfen, wenn andere Menschen, und damit Hilfestellungen und die Möglichkeiten
zur Kommunikation fehlen. Viele Krisen gehören zum normalen Leben dazu und tre-
ten in jedem Lebensalter auf. Die meisten Menschen bewältigen traumatische Erfah-
rungen und Lebensveränderungen, ohne etwa die professionelle Hilfe einer Krisenin-
tervention in Anspruch nehmen zu müssen; sie sind also vielfach im Sinne der Persön-
lichkeitsentfaltung des Menschen zugleich eine wichtige Chance für persönliches
Wachstum (Erikson, 1966; Reiter, 1975).
Im ungünstigen Fall jedoch wird die Lösung einer Krise nicht erreicht oder unan-
gemessen sein und im Extrem die Entwicklung psychischer Störungen begünstigen,
eventuell einen Suizidversuch provozieren. Es gibt nun bestimmte Risikogruppen, die
besonders anfällig für suizidale Reaktionen sind. Dies sind vor allem (vgl. Finzen,
1988; Reimer, 1982):
- alte Menschen, oft psychisch und sozial vereinsamt mit körperlichen Beschwerden, Depressivität und
dem Gefühl der Sinnlosigkeit des Lebens, was ja oft genug auch sehr reale Züge hat;
- süchtige Menschen, besonders Alkoholiker, die ein bis zu 75mal höheres Suizidrisiko als nichtsüch-
tige Vergleichspersonen haben;
- psychisch gestörte, insbesondere depressive Menschen, die fast immer über Suizidgedanken und Sui-
zidimpulse berichten, oft bereits mehrfache Suizidversuche unternommen haben;
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Krisenintervention bezeichnet eine Form der Frühbehandlung und Vorbeugung psy-
chischer Störungen, Krankheiten und Fehlhaltungen, deren Auftreten in einem engen
Zusammenhang mit Krisen steht. Ihr Ziel ist die professionelle Hilfe bei Menschen in
akuter Notlage und in Krisen Situationen, um eine Zuspitzung der Problematik (z.B. in
Richtung Suizid) oder ihre potentielle Chronifizierung zu verhindern (Fiedler, 1988;
Michelitsch-Traeger, 1981; Sonneck, 1982a; Perrez, 1991).
Die Auslöser und Eigenarten persönlicher Krisen sind vielfältig. Sie reichen von
sogenannten traumatischen Krisen (durch Katastrophen, Krankheit, plötzliche Invali-
dität, Vergewaltigung) bis hin zu Krisen, die sich durch mehr oder weniger plötzlich
eintretende Lebensveränderungen ergeben (wie Verlassen des Elternhauses, Heirat,
Geburt, Tod einer nahestehenden Person). Für Eigenarten und Ausmaß der individu-
ellen Krisenentwicklung spielt die subjektive Bedeutung des Krisenanlasses eine be-
trächtliche Rolle (Herausforderung, Bedrohung, Schädigung, unersetzbarer Verlust).
Sie ist des weiteren abhängig von den sozialen Auslösern und Begleiterscheinungen
der Krise (Statuswechsel, Arbeitsplatzverlust) und von der sozialen Situation der Be-
troffenen (Verarmung, zerrüttete Familienverhältnisse; zum Begriff Kritisches Le-
bensereignis: vgl. Band I, Kap. 5.2.2.).
Zur Krise kann es kommen, wenn eine Person ein Mißverhältnis erlebt zwischen
situativen und sozialen Anforderungen und den ihr zur Verfügung stehenden Hand-
lungsmöglichkeiten. Ereignisse und Erfahrungen können von Betroffenen nicht mehr
sinnvoll bewältigt werden, weil die ihm bisher bekannten und bewährten Lösungs-
möglichkeiten nicht mehr hinreichen. Eine Krisenentwicklung kann sich drastisch ver-
schärfen, wenn andere Menschen, und damit Hilfestellungen und die Möglichkeiten
zur Kommunikation fehlen. Viele Krisen gehören zum normalen Leben dazu und tre-
ten in jedem Lebensalter auf. Die meisten Menschen bewältigen traumatische Erfah-
rungen und Lebensveränderungen, ohne etwa die professionelle Hilfe einer Krisenin-
tervention in Anspruch nehmen zu müssen; sie sind also vielfach im Sinne der Persön-
lichkeitsentfaltung des Menschen zugleich eine wichtige Chance für persönliches
Wachstum (Erikson, 1966; Reiter, 1975).
Im ungünstigen Fall jedoch wird die Lösung einer Krise nicht erreicht oder unan-
gemessen sein und im Extrem die Entwicklung psychischer Störungen begünstigen,
eventuell einen Suizidversuch provozieren. Es gibt nun bestimmte Risikogruppen, die
besonders anfällig für suizidale Reaktionen sind. Dies sind vor allem (vgl. Finzen,
1988; Reimer, 1982):
- alte Menschen, oft psychisch und sozial vereinsamt mit körperlichen Beschwerden, Depressivität und
dem Gefühl der Sinnlosigkeit des Lebens, was ja oft genug auch sehr reale Züge hat;
- süchtige Menschen, besonders Alkoholiker, die ein bis zu 75mal höheres Suizidrisiko als nichtsüch-
tige Vergleichspersonen haben;
- psychisch gestörte, insbesondere depressive Menschen, die fast immer über Suizidgedanken und Sui-
zidimpulse berichten, oft bereits mehrfache Suizidversuche unternommen haben;
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