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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0171

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9.5. Gesundheitspsychologische Prävention und Intervention:
Aufgaben und Probleme

9.5.1. Gesundheitserziehung, Gesundheitsförderung und Public
Health

Wie in Kap. 9.1. beschrieben, ist der Praxisbezug ein wesentliches Merkmal der Gesundheitspsycho-
logie. Als Schwerpunkte gesundheitspsychologischer Tätigkeit können die drei Bereiche Gesundheitser-
ziehung, Gesundheitsförderung und Public Health bezeichnet werden.

# Die Gesundheitserziehung {Health Educatiori), die eine viel längere Tradition als
die Gesundheitspsychologie selbst aufweisen kann (vgl. 9.2.), war von Anfang an
sehr stark auf die Erziehung zur Ausübung von Hygienemaßnahmen ausgerichtet, wo-
bei die gesundheitliche Aufklärung von Schulkindern lange Zeit im Vordergrund stand
(vgl. Abb. 9.8.). Gesundheitserziehungsmaßnahmen haben die Aufklärung und In-
formation über gesundheitlich relevante Themen, heute vor allem über Risikoverhal-
ten, zum Ziel. Sie können sowohl auf das Individuum als auch auf kleinere Gruppen
bezogen sein.

Grundsätzlich sind Gesundheitserziehung und -aufklärung eng am medizinischen
Modell orientiert. Die Konsequenzen aus dieser Herangehensweise beschreibt Rittner
(1982):

"Der Patient wird zum Ignoranten gegenüber seinem eigenen Körper, den er, zugleich Laie vor dem
Arzt, nur noch in Termini eines defekten Mechanismus begreifen kann: als lästiges Nicht-Funktionie-
ren, als ein ärgerliches Aussetzen. Die Trennung von Körper und Selbst ist Voraussetzung für das
Funktionieren des Medizinbetriebes; im Krankheitsfall wird der Körper abgegeben wie das Auto in der
Werkstatt, sein unvermeidlicher Besitzer nicht weiter ernst genommen ..." (Rittner, 1982, S. 42)

Zunehmend stellte es sich als eher kurzsichtig heraus, davon auszugehen, daß Wissen
um gesundheitsförderliches Verhalten direkt einhergeht mit der Umsetzung dieses
Wissens in Verhalten. So wurden im Laufe der Zeit psychologische Komponenten
(und zwar vor allem Beiträge aus der Entwicklungs-, Persönlichkeits-, Motivations-
und Sozialpsychologie) einbezogen, um die Gesundheitserziehung effektiver zu ge-
stalten (vgl. auch das Health Belief Modell, Kap. 9.3.). Gegen Ende der 70er Jahre
wurde mehr und mehr die Bedeutung sozialer Bezugsgruppen für die Entwicklung und
Veränderung gesundheitsrelevanten Verhaltens erkannt.

# Erweitert wurde der Gesundheitserziehungsansatz durch das Konzept der
Gesundheitsförderung (Health Promotion), die von Green (1984) definiert wird als
"jegliche Kombination gesundheitserzieherischer Bemühungen und damit in Verbin-

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