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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0027

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6.3. Methoden der Klinischen Psychodiagnostik

In der Entwicklung psychodiagnosti scher Methoden sind seit einer Reihe von Jahren
vier Trends zu beobachten:

- Aufgrund der großen praktischen Bedeutung von weniger formalisierten diagnosti-
schen Methoden - vor allem von Interviews und nicht-standardisierten Selbstberich-
ten - werden diese auch in der Forschung immer stärker beachtet und konzeptuell
weiterentwickelt (vgl. Jüttemann, 1984).

- Für einzelne diagnostische Teilbereiche sind außerordentlich aufwendige Verfahren
entstanden, die bisher fast ausschließlich in der Forschung eingesetzt werden kön-
nen, die langfristig aber auch weitreichende Folgen für die Praxis haben werden.
Dies betrifft vor allem die Bereiche der Sprach-, Diskurs- und Textanalyse (Ericsson
& Simon, 1980; Kachele & Mergenthaler, 1984; Koch, 1980; Koch & Schöfer,
1986; Miller, 1992; Schöfer, 1980; van Dijk, 1985; Viney, 1983), der Mimik (z.B.
Facial Action Coding System - FACS, Ekman & Friesen, 1978), der
Körperhaltungen und Körperbewegungen (Frey, 1984; Frey et al., 1981), des
Sprechverhaltens (Scherer, 1986) sowie des interpersonellen Verhaltens. Für diesen
gesamten Bereich bürgert sich bereits der Begriff interpersonale Diagnostik ein
(oder auch "Interaktionsdiagnostik": Haubl & Spitznagel, 1983; Kruse, 1984; Orlik
& Schneider, 1984; Sader, 1984; Scholz, 1982; vgl. Kap. 6.4.5.).

- Technische Hilfsmittel haben inzwischen eine enorme Bedeutung erlangt; und zwar
nicht nur im Bereich der Erfassung biopsychologischer Signale, sondern auch in der
Informationserfassung und -auswertung durch Computer (einschließlich der Test-
vorgabe, Antwortregistrierung und Auswertung) sowie der Ton- und Videoregi-
strierung. Insbesondere die Videotechnik ist für die Erfassung individuellen und in-
terpersonellen Verhaltens unentbehrlich geworden. Ohne diese technischen Hilfen
wären die außerordentlichen Fortschritte in der Analyse interpersoneller Prozesse,
die natürlich für die Psychotherapie von besonderer Bedeutung sind, gar nicht mög-
lich gewesen (s.u.; allgemein zu apparativen Verfahren: Brickenkamp, 1986).

- Um Methodenfehler auszuschließen, werden häufig unterschiedliche Testverfahren
zur Erfassung des gleichen Merkmals eingesetzt. Bei vielen klinisch relevanten
Merkmalen wird die Beurteilung durch ein multimethodales Vorgehen mehrfach ab-
zustützen versucht, beispielsweise bei der Erhebung der "Befindlichkeit" oder des
"Wohlbefindens" (vgl. Abele & Becker, 1991). Dazu werden beispielsweise klini-
sche Interviews, verschiedene Arten von Selbstberichten sowie Verhaltensbeobach-
tungen herangezogen.

Tabelle 6.3. zeigt in Anlehnung Fahrenberg (1977) die verschiedenen methodischen
Zugänge der Psychodiagnostik, verbunden mit exemplarischen klinisch-psychologi-
schen Verfahren.

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