Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0395

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12.5. Rehabilitation

Rehabilitation zielt auf eine Wiedereingliederung körperlich, geistig und psychisch
kranker und behinderter Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft. Als Ergebnis
erfolgreicher Rehabilitation wird also eine Verhinderung von Wiedererkrankung und
Rückfall und damit der Erhalt und die Sicherung des therapeutisch Erreichten oder
wenigstens eine Milderung des Fortschreitens progredient verlaufender Krank-
heitsentwicklungen erwartet (Hörmann, 1988b; Koch et al., 1988). Hier wird - im
Unterschied zur vielfach kausalitäts- oder ursachenorientierten Indikation in Beratung,
Psychotherapie und Kisenintervention - ein Finalitätsprinzip deutlich (tertiäre Präven-
tion; vgl. Kap. 7.), das auch in die Rehabilitationsgesetzgebung der Bundesrepublik
Eingang gefunden hat. Dort ist beispielsweise im § 1 des Rehabilitationsausgleichs-
gesetzes von 1974 festgelegt, daß rehabilitative Maßnahmen darauf auszurichten sind,
"körperlich, geistig oder seelisch Behinderte möglichst auf Dauer in Arbeit, Beruf und
Gesellschaft einzugliedern. Den Behinderten stehen bei der Anwendung dieses Geset-
zes diejenigen gleich, denen eine Behinderung droht". Neben der Berücksichtigung
der präventiven Komponente wird schließlich eine besondere Betonung sozialer und
psychosozialer Hilfestellungen deutlich.

Dies unterstreichen auch die weiteren rechtlichen Grundlagen, auf die sich die gegenwärtige Rehabili-
tationspraxis in der Bundesrepublik stützen kann (Heuser, 1987; Schulte, 1988): das Schwerbehinder-
tengesetz, das Gesetz für die Sozialversicherung der Behinderten und die dritte Novelle des Bundes-
sozialhilfegesetzes. Die Kosten von Rehabilitationsmaßnahmen werden fall- und personabhängig von
sechs unterschiedlichen Sozialleistungs- oder Rehabilitationsträgern getragen (vgl. auch Zuber et al.,
1991): von den Kranken-, Unfall- und Rentenversicherungen, der Kriegsopferversorgung, der Bundes-
anstalt für Arbeit sowie der Sozialhilfe. Letztere tritt erst ein, wenn weder die behinderte Person selbst
noch einer der anderen Trägergruppen für die Rehabilitationskosten aufkommen können. Die Vertei-
lung der zu erbringenden Leistungen und die Regularien für je gegebene Zuständigkeiten regelt ein Re-
habilitationsangleichungsgesetz.

Rehabilitative Konzepte stützen sich in aller Regel auf somatisch-kurative Maßnahmen
und psychologisch-therapeutische Behandlungsverfahren, die zumindest zeitweilig eng
miteinander verschränkt sind. Aus dieser Verbindung von psychosozialer Behandlung
und Wiedereingliederung ergeben sich folgende spezifischen Leitlinien:

"-Alle Maßnahmen müssen aufbauen auf noch vorhandene Fähigkeiten und Fertigkeiten des Patienten
im individuellen und sozialen Bereich und darauf angelegt sein, das Selbsthilfepotential des Patienten
zu stärken und zu verhindern, daß er in der Patientenrolle fixiert wird.

- Alle therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen sollten die vorhandenen sozialen Ressourcen,
d.h. Hilfsmöglichkeiten durch Partner, andere Familienangehörige, Freunde und Kollegen, möglichst
weitgehend in Anspruch nehmen. Dies spricht auch für eine gemeindenahe Versorgungskonzeption.

- Die therapeutischen Maßnahmen müssen die jeweiligen biologischen, psychologischen und sozialen
Gegebenheiten berücksichtigen und zeitlich wie inhaltlich aufeinander abgestimmt sein.

- Diese Abstimmung verlangt Interdisziplinarität und integrative Therapieansätze, d.h. eine enge Zu-
sammenarbeit verschiedener Berufsgruppen (Lucius & Koch, 1982, S. 12 - 13)

381
 
Annotationen