10.7. Abschließende Bemerkungen
Zum Abschluß dieses Kapitels zur Psychotherapie sollen drei Themen behandelt wer-
den: das Verhältnis zwischen Psychotherapieforschung und Praxis (10.7.1.), die
Kombination von Psychotherapie mit anderen Behandlungsmaßnahmen (10.7.2.) so-
wie ethische Probleme psychotherapeutischer Tätigkeit (10.7.3.).
10.7.1. Das Verhältnis zwischen Forschung und Praxis in der Psycho-
therapie
Die psychotherapeutische Berufspraxis und das praktische Handeln von Psychothera-
peuten soll sich - wie aus den meisten Definitionen der Psychotherapie hervorgeht -
auf ein wissenschaftlich begründetes Wissen stützen (vgl. Kap. 10.1. und 10.3.).
Dennoch nutzen praktizierende Psychotherapeuten offenbar relativ selten neuere For-
schungsergebnisse für ihre berufliche Tätigkeit, wenn sie erst einmal ihre Aus- und
Weiterbildung abgeschlossen haben. In Befragungen geben Klinische Psychologen
häufig an, ihr Wissen durch unmittelbare Erfahrungen mit ihren Klienten, durch fall-
bezogene Diskussionen mit Kollegen oder durch Workshops zu erweitern, am selten-
sten jedoch durch die Lektüre empirischer Forschungsergebnisse (Cohen et al., 1986;
Morrow-Bradley & Elliott, 1986). In der Forschung wird also für eine psychothera-
peutische Praxis gearbeitet, von deren Vertretern sie jedoch kaum beachtet wird.
Obwohl diese Diskrepanz vermutlich verschiedene Gründe hat, ist in den letzten
Jahren intensiv darüber diskutiert worden, wie die Forschung für Praktiker nützlicher
und attraktiver zu gestalten ist und wo der Praktiker etwas von der Forschung lernen
kann (Howe, 1985; Strupp, 1989). Praktisch tätige Psychotherapeuten wünschen sich
von Forschungsberichten vor allem, daß die durchgeführten Therapien genauer be-
schrieben, daß wesentliche Ereignisse im Verlauf der Therapien untersucht und Ver-
bindungen zwischen therapeutischen Prozessen und differentiellen Behandlungsergeb-
nissen hergestellt werden, d.h. daß die Forschung sich vor allem auf prozessuale
Aspekte des therapeutischen Geschehens konzentrieren sollte (Morrow-Bradley & El-
liott, 1986). Andererseits zeigen Forscher, die zugleich auch psychotherapeutisch tätig
sind, auf, wo wissenschaftliche Untersuchungen bereits jetzt der beruflichen Praxis
dienlich sind (Schmidtchen, 1985; Strupp, 1989). Ein Beispiel dafür liefert Strupp
(1989), der etwa auf die nachgewiesenen negativen Wirkungen strafender
(pejorativer) therapeutischer Handlungen oder auf die Nützlichkeit kürzerer Therapie-
formen aufmerksam macht. Außerdem sollte die Forschung dazu herausfordern, em-
pirische Befunde in der therapeutischen Tätigkeit stärker zu berücksichtigen, gegen-
über eingefahrenen Handlungsnormen eine hinterfragende Haltung zu entwickeln und
skeptisch zu sein gegenüber allzu komplexen klinischen Konstrukten, deren praktische
Nützlichkeit nicht nachgewiesen ist (vgl. Grawe, 1992).
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Zum Abschluß dieses Kapitels zur Psychotherapie sollen drei Themen behandelt wer-
den: das Verhältnis zwischen Psychotherapieforschung und Praxis (10.7.1.), die
Kombination von Psychotherapie mit anderen Behandlungsmaßnahmen (10.7.2.) so-
wie ethische Probleme psychotherapeutischer Tätigkeit (10.7.3.).
10.7.1. Das Verhältnis zwischen Forschung und Praxis in der Psycho-
therapie
Die psychotherapeutische Berufspraxis und das praktische Handeln von Psychothera-
peuten soll sich - wie aus den meisten Definitionen der Psychotherapie hervorgeht -
auf ein wissenschaftlich begründetes Wissen stützen (vgl. Kap. 10.1. und 10.3.).
Dennoch nutzen praktizierende Psychotherapeuten offenbar relativ selten neuere For-
schungsergebnisse für ihre berufliche Tätigkeit, wenn sie erst einmal ihre Aus- und
Weiterbildung abgeschlossen haben. In Befragungen geben Klinische Psychologen
häufig an, ihr Wissen durch unmittelbare Erfahrungen mit ihren Klienten, durch fall-
bezogene Diskussionen mit Kollegen oder durch Workshops zu erweitern, am selten-
sten jedoch durch die Lektüre empirischer Forschungsergebnisse (Cohen et al., 1986;
Morrow-Bradley & Elliott, 1986). In der Forschung wird also für eine psychothera-
peutische Praxis gearbeitet, von deren Vertretern sie jedoch kaum beachtet wird.
Obwohl diese Diskrepanz vermutlich verschiedene Gründe hat, ist in den letzten
Jahren intensiv darüber diskutiert worden, wie die Forschung für Praktiker nützlicher
und attraktiver zu gestalten ist und wo der Praktiker etwas von der Forschung lernen
kann (Howe, 1985; Strupp, 1989). Praktisch tätige Psychotherapeuten wünschen sich
von Forschungsberichten vor allem, daß die durchgeführten Therapien genauer be-
schrieben, daß wesentliche Ereignisse im Verlauf der Therapien untersucht und Ver-
bindungen zwischen therapeutischen Prozessen und differentiellen Behandlungsergeb-
nissen hergestellt werden, d.h. daß die Forschung sich vor allem auf prozessuale
Aspekte des therapeutischen Geschehens konzentrieren sollte (Morrow-Bradley & El-
liott, 1986). Andererseits zeigen Forscher, die zugleich auch psychotherapeutisch tätig
sind, auf, wo wissenschaftliche Untersuchungen bereits jetzt der beruflichen Praxis
dienlich sind (Schmidtchen, 1985; Strupp, 1989). Ein Beispiel dafür liefert Strupp
(1989), der etwa auf die nachgewiesenen negativen Wirkungen strafender
(pejorativer) therapeutischer Handlungen oder auf die Nützlichkeit kürzerer Therapie-
formen aufmerksam macht. Außerdem sollte die Forschung dazu herausfordern, em-
pirische Befunde in der therapeutischen Tätigkeit stärker zu berücksichtigen, gegen-
über eingefahrenen Handlungsnormen eine hinterfragende Haltung zu entwickeln und
skeptisch zu sein gegenüber allzu komplexen klinischen Konstrukten, deren praktische
Nützlichkeit nicht nachgewiesen ist (vgl. Grawe, 1992).
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