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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

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https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0079

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7.2. Klinisch-psychologische Interventionsforschung

Neben anderen Kriterien wie der Vereinbarkeit mit ethischen und wissenschaftlichen
Erkenntnissen kommt dem Nachweis ihrer Wirksamkeit und Wirkungsweise immer
eine zentrale Bedeutung zu, wenn klinisch-psychologische Interventionen bewertet
werden. Diesen Nachweis zu erbringen, ist keineswegs nur eine modische Bestrebung
- beispielsweise wurden schon in den 20er Jahren im Berliner Psychoanalytischen In-
stitut erste Arbeiten durchgeführt, in denen die dort durchgeführten Psychotherapien
dokumentiert und katamnestische Nachuntersuchungen durchgeführt wurden
(Fenichel, 1930). Bei gesetzlichen Regelungen wie der Zulassung psychotherapeuti-
scher Verfahren zur Krankenversorgung spielt der Wirksamkeitsnachweis eine ent-
scheidende Rolle (vgl. Meyer et al., 1991).

Die empirische Erforschung klinisch-psychologischer Intervention war in der Vergan-
genheit stark von den Fortschritten in der Psychotherapie geprägt. Historisch lagen
die Forschungsakzente oft gleichzeitig und unabhängig voneinander auf verschiedenen
Schwerpunkten. Durchgängig beobachtbar ist lediglich ein starkes Interesse an
kasuistischen Forschungsansätzen, d.h. an dem Versuch, anhand einzelner Behand-
lungsverläufe allgemeinere Aussagen abzuleiten (s.u.). Dennoch lassen sich in der
jüngeren Geschichte der Interventionsforschung drei Zeitabschnitte erkennen:

In den zwei Jahrzehnten nach 1950 dominieren mindestens drei, miteinander kaum
in Berührung kommende Forschungsinteressen: In der Folge der von Eysenck entfes-
selten Debatte um die Wirksamkeit der (psychoanalytischen) Therapie sollte zunächst
einmal nachgewiesen werden, daß Psychotherapie überhaupt einen nennenswerten Ef-
fekt hat und wirksamer als "spontane Remission" ist (Erfolgsforschung zur Legitima-
tion von Psychotherapie). Daneben aber blühten erste Bemühungen um eine schulen-
spezifische psychotherapeutische Prozeßforschung auf, gefördert vor allem durch
Rogers und - zeitlich etwas später - durch behandlungsmethodisch ausgerichtete ver-
haltenstherapeutische Studien (vgl. etwa Rogers & Dymond, 1954; Lang & Lazovik,
1963). Völlig unabhängig davon lieferten die ersten größeren epidemiologischen Un-
tersuchungen - wie etwa die von Hollingshead & Redlich (1958, dt. 1975) - ein Bild
von der mangelhaften psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung.

In dem folgenden Jahrzehnt (etwa von 1970 bis 1980) sind ebenfalls mehrere For-
schungs-"Stränge" zu registrieren: Einmal setzten intensive Bemühungen zur Verglei-
chenden Psychotherapieforschung ein, in denen versucht wurde, die Wirksamkeit
der miteinander konkurrierenden Therapieschulen zu bestimmen. Zur gleichen Zeit
wurden - im Anschluß an Kieslers differentielles Modell der Psychotherapie -
differentielle Fragestellungen aufgegriffen und untersucht, welche Behandlung bei
welchen Klienten und unter welchen Rahmenbedingungen am effektivsten ist. Drittens
entstanden in diesem Zeitraum die wichtigsten Grundlagen für die Evaluation stö-
rungsspezifischer Behandlungsprogramme, etwa bei der Bewertung der Kognitiven

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