Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bastine, Reiner [Editor]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0038

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
6. Klinische Psychodiagnostik

tionsübergreifenden Merkmalen, die im Rahmen der Persönlichkeitsdiagnostik erfaßt
werden, liegt die Betonung hier auf Veränderungen und individuellen Prozessen des
Lernens.

Die auf dieser Grundlage entwickelte Verhaltensanalyse ist als eine formale Kon-
zeption zu verstehen, mit deren Hilfe ein individuelles Bedingungsmodell gestörten
Verhaltens erstellt werden kann. Da nicht nur die gegenwärtige Problemsituation,
sondern auch die Behandlungziele und konkreten Behandlungsschritte daraus abgelei-
tet werden, dient das Bedingungsmodell gleichzeitig der Definition der psychischen
Problematik, ihrer funktionalen Erklärung sowie der Behandlungsplanung. Die Ana-
lyse führt zu hypothetischen Modellen und sieht damit vor, daß neue Informationen
fortlaufend eingearbeitet werden können. Diagnostisches und therapeutisches Gesche-
hen sind dabei so eng miteinander verschränkt, daß von einem diagnostisch-thera-
peutischen Prozeß gesprochen wird.

In ihrem grundlegenden Beitrag haben Kanfer & Saslow (1969/1974) zur Beschrei-
bung der Bedingungsanalyse eine Formel vorgeschlagen, die als Verhaltensgleichung
bezeichnet wird.

S-0 - R - K - C

Stimulus Organismus Reaktion Kontingenz Konsequenz

In dieser "Gleichung" sollen die funktionalen Beziehungen des Verhaltens symboli-
siert werden, ohne daß tatsächlich eine Gleichung im mathematischen Sinne vorliegt.
R (= Reaktion) steht für das problemrelevante Verhalten, das in seinen funktionalen
Zusammenhängen beschrieben werden soll. Es wird ausgelöst durch bestimmte Situa-
tionsmerkmale (S = Stimuli), die auf bestimmte organische Bedingungen treffen
(O = somatische Bedingungen wie z.B. körperliche Erschöpfung). Andererseits wird
das problemrelevante Verhalten auch durch nachfolgende Bedingungen (C = positive,
neutrale oder negative Konsequenzen) beeinflußt, die in unterschiedlicher Kontingenz
auf das Verhalten folgen (K = Häufigkeit und zeitliche Aufeinanderfolge der Konse-
quenzen).

Für das praktische Vorgehen anhand der funktionalen Verhaltensanalyse wurden
von den Autoren sechs Bereiche mit jeweils detaillierten Fragestellungen definiert:

- Anfangsanalyse und Klärung der Problemsituation

- Motivationsanalyse

- Analyse der Entwicklung

- Selbstkontrolle über das problematische Verhalten

- Analyse der sozialen Beziehungen

- Analyse der sozialen, kulturellen und physischen Umwelt.

24
 
Annotationen