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Bastine, Reiner [Editor]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0088

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7. Klinisch-psychologische Intervention

- Intra- versus extratherapeutische Kriterien. Intratherapeutische Merkmale beziehen
sich auf Variablen wie die Selbstexploration des Klienten, die innerhalb des psy-
chotherapeutischen Geschehens erfaßbar sind. Diese Kriterien werden häufig auch
als intermediäre Behandlungsziele aufgefaßt, da sie als Indikatoren für den Behand-
lungsverlauf dienen. Durch extratherapeutische Kriterien sollen dagegen Verände-
rungen außerhalb der Intervention ermittelt werden, wie etwa das soziale Verhalten
eines Klienten in der Familie.

- Theorienahe (abstrakte) versus phänomennahe (konkrete) Kriterien. Abstrakte Krite-
rien werden vor allem in klinisch-psychologischen Störungs- und Behandlungstheo-
rien definiert wie etwa Selbstverwirklichung, Bewältigungsfähigkeit, Ich-Stärke oder
Realitätsorientiertheit. Phänomennahe Merkmale beziehen sich auf das konkrete
Erleben und Verhalten einer Person, beispielsweise auf das Abnehmen subjektiver
Beschwerden und das Zunehmen des Wohlbefindens.

- Beurteiler-Perspektiven. Veränderungen lassen sich aus der Sicht des Betroffenen
(der Klienten), von Bezugspersonen des Betroffenen (z.B, Lebenspartner), von be-
teiligten (Therapeuten) und unbeteiligten Professionellen (Experten) erfassen. Durch
die verschiedenen Beurteiler werden in der Regel unterschiedliche Akzente in der
Bewertung von Veränderungen eingebracht, die etwa in der Evaluation der Psycho-
therapie teilweise zu erheblich voneinander abweichenden Bewertungen führen (vgl.
Orlinsky & Howard, 1986).

Die komplexen Möglichkeiten der Evaluation klinisch-psychologischer Intervention
erlauben mindestens zwei Schlußfolgerungen: Bei der Bewertung und Interpretation
empirischer Ergebnisse sollte jeweils genau berücksichtigt werden, anhand welcher
Kriterien die Befunde ermittelt wurden. Für die Anlage von Untersuchungen wie-
derum sollten durchaus verschiedene Arten von Kriterien herangezogen werden, um
die vielfältigen Aspekte der zu erwartenden Veränderungen auch tatsächlich erfassen
zu können. Dennoch stößt die Forderung nach umfassender Bewertung ("multiper-
spektivisch, multimodal, multimethodal, multitemporal ...") recht schnell an Grenzen
der Zumutbarkeit, der Ökonomie und der Sinnhaftigkeit. Sie muß zwingend einherge-
hen mit einer entsprechend komplexen Interventionstheorie, da sonst unterschiedliche
Ergebnisse auf den verschiedenen Datenebenen nicht schlüssig zu erklären sind.

7.2.3. Analogie- und klinische Studien

Bei der Untersuchung der Prozesse und Auswirkungen klinisch-psychologischer Inter-
ventionen stehen sich häufig zwei gegenläufige Bestrebungen gegenüber: Einerseits
soll der "klinisch-psychologische Realität" möglichst nahe gekommen werden (Ziel
der klinischen Relevanz), andererseits sollen die Untersuchungen unter kontrollierten

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