10. Psychotherapie
wurden diese Zusammenhänge insbesondere für den Gestörtheitsgrad des Klienten und
für die positive Einstellung zu sich selbst und zur Behandlung. Für die Rollenerwart-
tungen und Sozialschichtzugehörigkeit bestehen hauptsächlich Zusammenhänge mit
dem Verbleiben in der Therapie (bzw. mit der Abbruchquote).
Um diese Ergebnisse prognostisch besser nutzen zu können, wären allerdings diffe-
renziertere Untersuchungen notwendig. Insbesondere müßten dabei die Rahmenbedin-
gungen der durchgeführten Therapien systematisch berücksichtigt und komplexere
Muster verschiedener Merkmalskombinationen untersucht werden.
Im Unterschied zu diesen Untersuchungen zeigen sich bei Klientenmerkmalen, die
unmittelbar im therapeutischen Prozeß erhoben wurden (z.B. hinsichtlich der Pro-
blemlösungsbereitschaft von Klienten, ihrer Offenheit bzw. niedrigen Abwehrhal-
tung), deutlich engere und konsistentere Zusammenhänge mit dem Behandlungserfolg
(Luborsky et al., 1988; Orlinsky & Howard, 1986). Dies ist auch deshalb nicht ver-
wunderlich, weil die unmittelbar im Prozeß erhobenen Variablen eine größere inhalt-
liche und konzeptuelle Nähe zum Behandlungserfolg aufweisen. Für die Indikation
läßt sich daraus ableiten, daß sich die Erfolgsaussichten einer Psychotherapie durch
"behandlungsnähere" Merkmale besser beurteilen lassen.
10.4.2. Indikation
• Differentielle Psychotherapie und das Gitter-Modell von Kiesler. Die "diffe-
rentielle", d.h. "Unterschiede berücksichtigende" Psychotherapie basiert auf der Vor-
aussetzung, daß für verschiedene Klienten oder Klientengruppen unterschiedliche Be-
handlungsalternativen zur Verfügung stehen. Solange "Psychotherapie" als ein ein-
heitliches Verfahren zur Behandlung von "Neurosen" aufgefaßt wurde, wurde ein dif-
ferentielles Konzept der Psychotherapie nicht gebraucht. Sobald jedoch verschiedene
psychotherapeutische Verfahren oder methodische Varianten existierten, konnte in der
Psychotherapie auf interindividuelle Bedingungen der Klienten eingegangen werden.
Die Differentielle Psychotherapie geht also von Unterschieden einerseits (a) zwi-
schen Klienten, andererseits (b) zwischen verschiedenen Behandlungsverfahren aus.
Darüber hinaus ist für die psychologische Intervention der Verlauf einer Störung so-
wie der Zeitpunkt wichtig, zu dem eine Behandlung aufgenommen wird: frühzeitige
Behandlungen sind meistens prognostisch günstiger als später begonnene. Somit ist als
dritte Dimension (c) die Zeit zu berücksichtigen.
Auf diese drei Dimensionen - Klientenmerkmale, Merkmale der Psychotherapie
und zeitliche Bedingungen - stützt sich Kiesler (1977a,b) in seinem einflußreichen dif-
ferentiellen Modell der Psychotherapie, das aufgrund des dreidimensionalen Rasters
als Gitter-Modell bezeichnet wird. Danach ist die Psychotherapie bestimmt durch dif-
ferenzierte Wechselwirkungen zwischen Merkmalen des Klienten (Persönlichkeits-
merkmale, Einstellungen, Art der psychischen Störungen usw.), Merkmalen der the
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wurden diese Zusammenhänge insbesondere für den Gestörtheitsgrad des Klienten und
für die positive Einstellung zu sich selbst und zur Behandlung. Für die Rollenerwart-
tungen und Sozialschichtzugehörigkeit bestehen hauptsächlich Zusammenhänge mit
dem Verbleiben in der Therapie (bzw. mit der Abbruchquote).
Um diese Ergebnisse prognostisch besser nutzen zu können, wären allerdings diffe-
renziertere Untersuchungen notwendig. Insbesondere müßten dabei die Rahmenbedin-
gungen der durchgeführten Therapien systematisch berücksichtigt und komplexere
Muster verschiedener Merkmalskombinationen untersucht werden.
Im Unterschied zu diesen Untersuchungen zeigen sich bei Klientenmerkmalen, die
unmittelbar im therapeutischen Prozeß erhoben wurden (z.B. hinsichtlich der Pro-
blemlösungsbereitschaft von Klienten, ihrer Offenheit bzw. niedrigen Abwehrhal-
tung), deutlich engere und konsistentere Zusammenhänge mit dem Behandlungserfolg
(Luborsky et al., 1988; Orlinsky & Howard, 1986). Dies ist auch deshalb nicht ver-
wunderlich, weil die unmittelbar im Prozeß erhobenen Variablen eine größere inhalt-
liche und konzeptuelle Nähe zum Behandlungserfolg aufweisen. Für die Indikation
läßt sich daraus ableiten, daß sich die Erfolgsaussichten einer Psychotherapie durch
"behandlungsnähere" Merkmale besser beurteilen lassen.
10.4.2. Indikation
• Differentielle Psychotherapie und das Gitter-Modell von Kiesler. Die "diffe-
rentielle", d.h. "Unterschiede berücksichtigende" Psychotherapie basiert auf der Vor-
aussetzung, daß für verschiedene Klienten oder Klientengruppen unterschiedliche Be-
handlungsalternativen zur Verfügung stehen. Solange "Psychotherapie" als ein ein-
heitliches Verfahren zur Behandlung von "Neurosen" aufgefaßt wurde, wurde ein dif-
ferentielles Konzept der Psychotherapie nicht gebraucht. Sobald jedoch verschiedene
psychotherapeutische Verfahren oder methodische Varianten existierten, konnte in der
Psychotherapie auf interindividuelle Bedingungen der Klienten eingegangen werden.
Die Differentielle Psychotherapie geht also von Unterschieden einerseits (a) zwi-
schen Klienten, andererseits (b) zwischen verschiedenen Behandlungsverfahren aus.
Darüber hinaus ist für die psychologische Intervention der Verlauf einer Störung so-
wie der Zeitpunkt wichtig, zu dem eine Behandlung aufgenommen wird: frühzeitige
Behandlungen sind meistens prognostisch günstiger als später begonnene. Somit ist als
dritte Dimension (c) die Zeit zu berücksichtigen.
Auf diese drei Dimensionen - Klientenmerkmale, Merkmale der Psychotherapie
und zeitliche Bedingungen - stützt sich Kiesler (1977a,b) in seinem einflußreichen dif-
ferentiellen Modell der Psychotherapie, das aufgrund des dreidimensionalen Rasters
als Gitter-Modell bezeichnet wird. Danach ist die Psychotherapie bestimmt durch dif-
ferenzierte Wechselwirkungen zwischen Merkmalen des Klienten (Persönlichkeits-
merkmale, Einstellungen, Art der psychischen Störungen usw.), Merkmalen der the
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