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Bastine, Reiner [Hrsg.]
Klinische Psychologie (Band 2): Klinische Psychodiagnostik, Prävention, Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, psychosoziale Intervention — Stuttgart, Berlin, Köln, 1992

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16130#0408

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12. Psychosoziale Intervention und Anwendungsfelder der Klinischen Psychologie

(1) eine Rückkehr des Kindes oder Jugendlichen in die Familie zu erreichen oder

(2) die Erziehung in einer anderen Familie oder familienähnlichen Lebensform vorzubereiten oder

(3) die Verselbständigung des Jugendlichen zu fördern und zu begleiten.

Die Heimerziehung bezweckt also eine Sozialisation (Erziehung anstelle der Eltern),
eine Resozialisation und eine gesellschaftlich-soziale Reintegration der Kinder und Ju-
gendlichen.

12.7.2. Klinische Psychologen in der Heimerziehung

In der Heimerziehung werden neben den im Vordergrund stehenden psychoedukativ-
pädagogischen Aufgaben auch klinisch-psychologische und psychotherapeutische Hil-
festellungen erwartet. In den vergangenen zwanzig Jahren wurden deshalb zunehmend
Klinische Psychologen und Psychotherapeuten in Heimen der Fürsorgeerziehung tätig.
Üblicherweise ist die Tätigkeit der Psychologen selbst nicht unmittelbar in die Erzie-
hungsarbeit verankert. Diese obliegt vielmehr Erziehern, Heil-, Sonder- und Sozial-
pädagogen, schließlich Lehrern und Ausbildern in den den Heimen angegliederten
oder zuarbeitenden Schulen und Lehr- und Berufsausbildungsstätten. Klinisch-psy-
chologische und psychotherapeutische Ziele stehen zu den erzieherischen und psycho-
edukativen Konzepten in einem Ergänzungsverhältnis. Sie betreffen vor allem die
Eingangs- und Verlaufsdiagnostik, Beratung und Supervision der Erzieher und Päd-
agogen und die Krisenintervention und Psychotherapie.

In den sechziger und siebziger Jahren orientierte sich die psychologische Tätigkeit und Integration psy-
chotherapeutischer Ansätze in die Heimerziehung an konzeptionellen Vorgaben der bekannteren Psy-
chotherapierichtungen: der psychoanalytischen Therapie (Hartmann, 1973; Jochum, 1976), der Ge-
sprächspsychotherapie (Minsel, 1973) und der Verhaltenstherapie (Schulte, 1973). In den vergangenen
zwanzig Jahren haben sich die psychotherapeutische Beratung, Krisenintervention und Behandlung mit
Einzelfällen und in Gruppen vielerorts fest etablieren können und bewährt, jedoch blieb ihre Breiten-
und Langzeitwirkung erheblich begrenzt (vgl. Planungsgruppe PETRA, 1987; 1988). Zunehmend wur-
de und wird deshalb angestrebt, psychotherapeutisches Denken und Handeln enger mit den erzieheri-
schen Konzepten zu verknüpfen und es - wo immer möglich - in dieses zu intergrieren (Fiedler, 1982a).

Das Ziel einer sozialpädagogisch-therapeutischen Heimerziehung wird heute über drei
unterschiedliche Ansatzpunkte zu erreichen versucht:

(1) Mediatorenausbildung und Supervision: Vor allem durch die Verhaltenstherapie
beeinflußt, wurde schon früh der Versuch unternommen, die unmittelbaren Bezugs-
personen der Heimzöglinge in psychologisch-therapeutischen Fertigkeiten zu unter-
weisen (Erzieher, Sozialarbeiter, Lehrer, Ausbilder als Mediatoren klinisch-psycholo-
gischen Wissens). Durch Ausbildung und Supervision wurde eine zum Teil grundle-
gende Veränderung erzieherisch-therapeutischen Handelns der unmittelbaren Bezugs-
personen angezielt, um so einen längerfristigen Behandlungserfolg sicherzustellen
(Tharp & Wetzel, 1975; zu ähnlichen Bestrebungen durch die Gesprächspsychothera-

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