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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0016

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Anfange der Porträtbildnerei bei den Römern.

Es möchten also in der That nicht so gar viele Ehrendenkmäler
vor der Mitte oder dem Ende des 4. Jahrhunderts in Rom existiert
hahen, und die härtigen Statuen des Varro möchten zu einem guten
Teil noch dem dritten angehören. Im Laufe des letzteren, Hand in
Hand mit der Befestigung der Nohilität, scheint dann allerdings das
Aufstellen öffentlicher Statuen eine üheraus grosse, im Anfang des

2. Jahrhunderts sogar eine Anstoss erregende und den Verkehr be-
einträchtigende Ausdehnung genommen zu hahen. Daher das cen-
sorische Decret vom Jahr 158, wonach alle Statuen am Forum, die
nicht durch Volks- oder Senatsbeschluss errichtet waren, entfernt
werden mussten '.

Im engsten Zusammenhang mit der Entwicklung der Porträt-
plastik in Italien steht die Sitte der vornehmen Geschlechter, die
Wachsbilder ihrer Vorfahren im Atrium aufzustellen; auch
diese, wenn nicht uralt patricisch, doch sicher bis an den Anfang des

3. Jahrhunderts v. Chr. zurückreichend.

Es ist verschiedentlich die Meinung ausgesprochen worden2, dass
ihre Entstehung erst von der Manischen Gesetzgebung (366 v. Chr.)
her datiere. Darüber hinauf rede kein Zeugnis von einer solchen;
das jus imaginum als ein Vorrecht der Nobilität habe die Gründung
eines Amtsadels, also eben die licinischen Gesetze zur Voraussetzung.
Allerdings können die hie und da erwähnten vorlicinischen Almen-
bilder für eine frühere Existenz der Sitte nicht viel beweisen, da die
Anfänge und Lücken der Stammbäume in späterer Zeit häufig hinauf-
gefälscht wurden. Man sieht dies u. A. deutlich an den unter den
Ahnenbildern der Julier erwähnten Bildnissen des Aeneas und der
albanischen Könige 8, welche nicht nur die allgemeine Einbürgerung
der Aeneassage (3. Jahrh.), sondern auch einen bereits höher ent-
wickelten Glanz des julischen Hauses voraussetzen. Allein ebenso-
wenig beweist der Mangel an weiter hinaufreichenden Zeugnissen etwas
dagegen. Es ist kein Grund abzusehen, warum die Sitte, Ahnenbilder
aufzustellen, als Familieninstitut nicht schon vor der gesetzlichen
Ausbildung des jus imaginum existiert haben sollte; ja ein solches
Recht ist eigentlich erst aus der vorausgehenden Sitte erklärlich.
Und wenn wir ihre Entstehung nicht schon ins 5. oder 6. Jahrhundert

1 PHn. XXXIV. 30.

* Becker Rom. Alterth. II. 1. p. 220 ff. Stark üeber die Almenbilder des
Appius Claudius im Tempel der Bellona, in den Verhh. der Philol. vers. zu Tü-
bingen 1879 p. 43.

8 Tacit. Annal. IV. 9.
 
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