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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0042

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30 Claudius Marcellus.

restit. 17) ', durfte also nicht ein willkürlich erfundenes Bildnis darauf
setzen, sondern nur eines, das mit den bereits vorhandenen stimmte. Es
ist ein ältlicher bartloser Kopf mit kahler Stirn und energischer, hinten
stark ausladender Schädelbildung; die Nase gebogen, alle Formen von
knochiger Magerkeit. Dass aber wirklich der Eroberer von Syrakus
gemeint sei, deutete der Münzmeister durch die sicilische Triquetra
hinter dem Kopf an, und noch mehr durch den Revers, auf welchem
Marcellus (mit Namensbeischrift) dargestellt ist, die spolia opima des
Virdomarus in den Tempel des Jupiter tragend (222 v. Chr.) 2.

Von diesem hinlänglich verbürgten Bildnis ist der Gemmen köpf
bei Cades V. 144 mit der Beischrift M. C. MAR toto coelo verschie-
den, die Beischrift also wahrscheinlich gefälscht oder anders zu deuten
(s. unten bei Cicero).

So individuell man von dem Münzkopfe angemutet wird, so ist
doch bis jetzt weder eine Büste noch ein Statuenfragment nachge-
wiesen worden, das auf Grund desselben mit einiger Sicherheit für ein
Bildnis des Marcellus ausgegeben werden könnte. Zumal ist dies nicht
der Fall bei der sitzenden Consularstatue im Philosophenzimmer des
capitolin. Museums8, die schon als Bestandteil der Sammlung
Giustiniani diesen Namen führte und noch heutigen Tags so benannt wird.
Es liegt hier wie bei der Erzbüste des L. Brutus eine jener ikonographi-
schen Benennungen vor, die bloss auf die Physiognomie gebaut sind,
d. h. auf einen Charakterausdruck, wie er dem Träger des Namens
einigermassen adäquat zu sein scheint. Allein wo das einzige stich-
haltige Kriterium, wie hier die Münze, so entschieden dagegen spricht,
haben dergleichen Hypothesen absolut keinen Wert.

Auch der sogenannte Marcelluskopf bei den Römerbüsten in
Neapel (abg. Mus. borbon. XIV. 12. 3) 4, obgleich im seitlichen Contour
übereinstimmender, widerspricht in einigen Hauptpunkten dem Typus
der Münze. Er hat weder die kahle Stirn noch den milden Charakter
des Auges, dafür hohe Proportionen des Untergesichts, welche der
Münze fremd sind.

Ein Wiener Kopf endlich, in der Sammlung des Belvedere Nr.
154 5, den Arneth auf Marcellus bezog, dürfte schon seines greisen-
haften Charakters wegen auszuschliessen sein. So gebrechlich konnte

1 Cohen Med. cons. CXII. Claudia 4; XLIV. 24.

2 Vgl. Plut. Marc. 8.

s Abg. Nibby. M. Chiar. U. 46; Clar. 895. 2288 und 902. 2308; Righetti
Campid. II. 367.

4 Gerhard Neap. ant. Bildw. Nr. 387.

6 Phot. abg. bei v. Sacken: Die ant. Sculpt. d. k. k. Ant. Cab. in Wien Tat. 24.
 
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