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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0043

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Claudius Marcellus.

31

der jugendfrische Feldherr auch in seinem Alter, das übrigens die
Sechziger wenig überschritt, nicht ausgesehen haben, von der küm-
merlichen Schädelbildung, der hohen Oberlippe, dem abfallenden
Kinn zu schweigen. Und wenn der Kopf, wie man aus der unge-
wöhnlichen Naturwahrheit desselben schliessen will, nach einer Toten-
maske gearbeitet ist, so würde dies allein schon gegen Marcellus
zeugen ,der ja bekanntlich im Kampfe fiel und nicht von seinen
Freunden bestattet wurde '.

Von wirklicher Aehnlichkeit mit der Münze dagegen wäre ein
anderer Wiener Kopf, Belvedere Nr. 1052, dort Marcellinus ge-
nannt, ohne Zweifel, weil man den Namen des Münzmeisters als Be-
zeichnung des Bildnisses fasste: von bläulich grauem Marmor, sorg-
fältigster Ausführung und vollkommener Erhaltung. Es ist aber,
wie v. Sacken richtig bemerkt, eine hausbackene Physiognomie, hinter
der man nicht gerade <das Schwert Italiens» vermuten würde.
Ausserdem scheint mir das Altertum des Kopfes verdächtig. — In
seiner Art ebenso ähnlich und von weit bedeutenderem Eindruck
ist ein Kopf der Uffizien zu Florenz, über der ersten Haupttreppe
(Dütschke Ant. Bildw. in Oberit. III. Nr. 21): Ein hagerer alter Römer
mit kahler Stirn und eingesunkenen Augen.

Auf ganz willkürliche Bezeichnungen wie die eines unterlebens-
grossen Marmorkopfs im Cabinet d. Medailles zu Paris (Chabouillet
Cat. gen. Nr. 3292) oder die der Petersburger Togabüste Nr. 205
aus Sammlung Campana, die ebensogut «einen jener harbutuli juvenes
aus der Umgebung des Catilina» darstellen kann, brauchen wir uns
hier nicht einzulassen.

In diese letztere Classe gehört auch der Dias pro mit den an-
geblichen Köpfen der drei berühmtesten Claudier (abg. im Bullet.
Napolet. 1853. Taf. XI. 6), dessen Aufbewahrungsort mir nicht be-
kannt ist. Die von Garrucci herrührende Deutung stützt sich haupt-
sächlich auf die Identität des ersten Kopfes mit dem jugendlichen
Nero. Allein der Zeichnung nach ist dieselbe durchaus nicht sicher,
die Beziehung des zweiten Kopfes auf Kaiser Claudius ohne alle Be-
rechtigung, und die des dritten auf den Eroberer von Syrakus trotz
der kahlen Stirn und der gebogenen Nase mit dem Münztypus wenig
übereinstimmend.

Vgl. die Erzählung seines Todes bei Plut. Marc. 30.
Abg. v. Sacken a. a. 0. Taf. 23. 3.
 
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