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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0081

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Terenz. 69

Ueberlieferungen nach eher Vorauszusetzende sei. Dazu kommt bei
der Büste ein Formencharakter, der weder zu den Andeutungen
Suetons über die körperliche Anmut des Terenz, noch zu dessen noto-
risch afrikanischer Herkunft passt. E. Braun ' sieht in dem Bildnis
»den Naturmenschen, welcher sich noch Nichts von den Sitten und
Manieren der vom Etiquettenzwang beherrschten Gesellschaftlichkeit
angeeignet hat«. Allein in dem Alter, in welchem die Büste darge-
stellt ist, — es ist das späteste, das überhaupt bei Terenz angenom-
men werden darf, — musste der Dichter, wenn es ihm je an feinen
Sitten gefehlt hätte, durch den vertrauten Umgang mit Scipio und
Laelius längst civilisiert worden sein. Ich kann daher auch die
psychologische Analyse des genannten Gelehrten, so geistreich sie
weiter durchgeführt ist, nicht für zutreffend erachten. — Fundort
und Maske sichern der Bezeichnung Terenz eine gewisse Wahrschein-
lichkeit. Aber man kann sich nicht verhehlen, dass man nach Maass-
gabe unserer Quellen ein weniger vorgerücktes Lebensalter, etwas
feinere Züge, und ein glatt rasiertes Gesicht erwartet hätte, und dass es
erwünscht wäre, für den Charakter der Maske als einer komischen bessere
Analogien zu haben als Melchiorri (a. a. 0. p. 101) beigebracht hat.

Ueber die Zeit, in welcher die Büste gemacht ist, lässt sich
wohl nicht mit Bestimmtheit absprechen. E. Braun meinte, sie könne
gleichzeitig sein, also aus der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts
v. Chr. Es wäre dies eine Art Bestätigung der aufgestellten Deu-
tung. Nach den in dem gleichen Grabmal gefundenen Inschriften
zum Andenken an einen M. Ulpius Carito, Freigelassenen des Trajan,
muss man jedoch eher an hadrianische Zeit denken, und dies um so
mehr, als auch die Angabe der Pupillen und die Behandlung der
Haare darauf deuten2.

In Neapel giebt es ausser dem Kopf der ebengenannten Doppel-
herme noch einen zweiten sog. Terentius aus Herculaneum, jetzt bei
den Römerbüsten aufgestellt8, mit welchem eine Namensinschrift ge-
funden sein soll. Derselbe ist in der Person sowohl von den Köpfen
der vatican. und der Neapler Doppelherme als von der capitolini-
schen Büste durchaus verschieden: Ein ältlicher Mann, von unschö-
nen, gemeinen Gesichtsformen, mit stark vortretender Unterlippe,

1 Die Ruinen und Museen Roms p. 171.

2*Das auf Terenz bezogene Bildnis eines roten Jaspis bei Cades V.
Nr. 217 mit der Umschrift THREPTION würde trotz dem schlicht ins Ge-
sicht gekämmten Haar nicht übel mit der capitolinischen Büste stimmen. Indes
lässt sich durch die Inschrift, die offenbar der einzige Grund der Benennung
ist, die Beziehung auf ihn nicht rechtfertigen.

3 Gerhard Nr. 417; Finati Descrizione del real. Mus. borb. 319. Nr. 484.
 
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