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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0103

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L. Cornelius Sulla.

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Vatican Nr. 60, aus Pal. Ruspoli *, wurde früher Sulla genannt, weil
man in der Warze an seinem Mund eine Andeutung der mit Finnen
überdeckten Haut zu ersehen glaubte. Dass dergleichen Taufen nur
dazu dienen, die Ikonographie in Misscredit zu bringen, ist klar.
Jedoch hatte man sich wenigstens darin nicht versehen, dass man
das Bildnis eines berühmten und, wie man aus seiner Miene schlies-
sen muss, eines geistreichen Mannes herausgriff. Seine Berühmtheit
geht daraus hervor, dass noch zwei weitere Exemplare davon vor-
kommen: Eines im Museo Torlonia Nr. 412 (früher in Villa
Albani Nr. 609), und ein anderes auf einer Togastatue in Lands-
downe House (abgeb. Clarac. pl. 394)2. Ob das durchrunzelte
Gesicht und der sarkastisch diftelnde Ausdruck dem grossartigen
Wesen Sullas, der zahnlose Mund und das vorstehende Kinn dem
Münztypus entsprechen, sind freilich andere und ohne Zweifel zu
verneinende Fragen.

Von einer Büste im Museum zu Mantua Nr. 190 (sehr schlecht
abgeb. bei Labus. III. 15. 2) 8 lässt sich ebenfalls sagen, dass sie
physiognomisch bedeutend genug wäre, um Sulla darzustellen. Aber
sie hat eine kahle Stirn und eine niedrige, mehr lange Kopfform.
Die Münze zeigt das gerade Gegenteil.

Gar nicht in Betracht kommt die sitzende Statuette in der In-
schrifthalle der Uffizien zu Florenz Nr. 289 4, welche bei Gori
Taf. 82 und bei Clarac pl. 904 als Sulla abgebildet ist; denn sie
hat wenigstens in ihrem gegenwärtigen Zustand einen modernen Kopf.

Im Louvre gilt für Sulla die Togastatue eines älteren Mannes
aus der Sammlung Campana (abg. d'Escamps Marbres ant. du Mus.
Camp. 53), ein etwa dem sog. älteren Drusus im Lateran (Nr. 209)
verwandtes Bildnis. Die Möglichkeit, dass er richtig benannt, ist
vielleicht nicht abzustreiten; doch lässt der Münztypus ein schmaleres
Gesicht erwarten. — Das ebenda befindliche, vortreffliche Bronze-
büstchen aus dem Cabinet Pourtales dagegen (De Longperier Not. d.
bronzes ant. Nr. 638), von dem der sog. Augustus im Wiener
Antikencabinet (2ter Schrank Nr. 522) wahrscheinlich eine Replik,
weicht in Proportionen und Profil zu sehr ab, als dass man auch
nur zweifelhaft sein könnte.

Eine Marmorbüste in Holkham Hall (abgeb. Fig. 13) mit
dem Sullanamen auf der modernen Basis, von ähnlich entschlosse-
nem Charakter wie die jugendliche Neapler Büste (Fig. 7), würde

1 Beschr. Roms II. 2. p. 91. Nr. 74. Abguss in Villa Medici Nr. 46.

2 Mich. Arch. Ztg. 1874, p. 36, Nr. 24.

3 Gypsabguss u. A. im Gewerbe-Museum zu Wien.

4 Dütschke Ant. Bildw. in Oberitalien III. Nr. 344.
 
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