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Schönermark, Gustav [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 15): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Schweinitz — Halle a. d. S., 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.25509#0071
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Schlieben.

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Schlieben.
Stadt von etwa 1900 Einwohnern 11,5 hm nordöstlich von Herzberg gelegen.
In einer Urkunde von 1267 heisst der Ort Ziiwin am Krernig und dem Schlieben-
bache gelegen. Die daselbst an dem Dorfe Berga erbaut gewesene Burg scheint
die Entstehung des Ortes veranlasst zu haben. Als auf der Burg hausend werden
die von Schlieben bereits 1242 erwähnt. 1564 ist das alte Schloss auf dem Schloss-
berge abgetragen. Im 15. Jahrhundert heisst der alte Flecken in Lehnsbriefen
noch „das grosse Dorf SchliebenL Zu Beginn des 16. Jahrhunderts erhielt der
Ort eine gedruckte Willkür und 1616 von Johann Georg I. das Stadtrecht sowie
zwei Jahrmärkte. Eine Zeit lang lebte hier die Gemahlin des dänischen Königs
Christian II., Hedwig, als Wittwe. Bei einem Brande 1681 flüchtete der Schösser
mit Theilen des Amtsarchivs nach Herzberg, wo dann viele Acten verloren gingen.
In einem Brande des Jahres 1670 gingen alle Documente des Raths zu Grunde.
1721 brannte der Ort fast ganz ab. — Die Stadt gehörte im Mittrlalter dem Grafen
von Brena, ging 1290 an die askanischen Herzoge und von diesen an das
mcissenischeHaus über. — Ackerbau, Viehzucht, Jlopfenbau, Bierbrauerei und
Handwerk sind hier heimisch. Auf dem St. Martinsberge hat die Stadt über
dreissig schöne Bergkeller zu ihrem guten Lagerbiere. Hier soll eine St. Martins-
kapelle gestanden haben, wo man am Feste des Heiligen alle Kuchen weihen liess.
Es gab in Schlieben Pröbste, die jedoch ursprünglich Pröpste des Antoniterhofs
zu Lichtenburg waren, aber, als letzteres ein kurfürstlicher Wittwensitz wurde, in
Lichtenburg nur Vicarien Hessen und ihren Wohnsitz in Schlieben nahmen, wo
sie vielleicht ein ruhigeres und bequemeres Leben führen konnten. Das Patronats-
recht der Kirche stand anfänglich den Grafen von Brena zu, kam dann an den
Kurfürsten Albert II, der es zufolge einer Urkunde von 1292 dem Nonnenkloster
in Coswig verlieh. Endlich kam es in den Besitz der Wittenberger Schlosskirche.
Vor der Reformation war der Schliebener Kirchsprengel dem Archidiakonat der
Lausitz des Hochstifts Meissen unterworfen. 0
Die Kirche liegt inmitten der Stadt und ist ein Backsteinbau, hinter deren
Triumphbogen der Chor mit fünf Seiten eines Achtecks schliesst und mit einem
Netzgewölbe überdeckt ist. Das vier Joch lange Schiff hat Strebepfeiler, die über
ihrem durchgehenden Sockel dreihüt'tig sind. Das Kaffgesims bildet eine einfache
Schräge und verbreitert die Strebepfeiler, zeigt aber nach der Aussentläche der-
selben zwischen der ersten und zweiten Huft das Profil ohne Kropf. Es liegt am
Chor tiefer und hat daselbst das Aussehen einer Wassernase mit flacher Kehle
darunter, Nr. 37. Auch das Sockelprofil, Nr. 38, aus zwei Flachkehlen bestehend,
kröpft sich hier nicht um die Strebepfeiler, die das aus einem Viertelstabe be-
stehende Profil in etwas höherer Lage haben, Nr. 39. Am Chor bemerkt man in
den Fenstergewänden noch Putzstreifen, während die Wände übrigens nur den
rohen Backstein zeigen. Auch das Maasswerk der einpfostigen spitzbogigen Fenster
ist aus Backstein gemacht und bildet nur zwei einfache gegen die Bogentheile des
Gewändes laufende Bogenhälften. Das Hauptsims besteht aus zwei Rollschichten
von derselben Profilirung, einer Kehle zwischen zwei von Plättchen begleiteten
Rundstäben; dazu kommt noch eine Platte mit Schräge an jeder Schicht, Nr. 40.

i) Diese geschichtlichen Angaben sind entnommen: Schumann's Post- etc. Lexicon.
 
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