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Holtmeyer, Aloys [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 4): Kreis Cassel - Land: Textband — Marburg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.20172#0107
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©/©'E'S'©'S'S'S'©'©'©'©'©'©'©'B'©'S'©'©'©' Hertingshausen. 'SS'S'SS'S'SSS'S'S'S'S'S'SS'S'S'SS'S'S'S'S'S

Als Stammsitz der Familie von Hertingshausen ist der Ort in der Geschichte des hessischen Adels
nicht ohne Interesse. Ein Ritter Ludwig von Hertingshausen erscheint 1257. Seine Enkel verkauften 1337
dem Kloster Nordshausen eine Hufe Land in Altenbauna, sowie 1352 Güter zu Niederzwehren, erwarben 1353
ein Gefälle aus den Gütern der Abtei Breitenau zu Hertingshausen und kamen 1363 mit den von Elben wegen
eines Gutes daselbst und des Zehnten zu Hangenbauna, welche sie in Ganerbschaft besaßen, in Streit. Am
Montage vor Himmelfahrt hegte zur Schlichtung desselben der Richter Gumbert von Kaufungen ein Gericht
zu Hertingshausen, auf welchem auch Landgraf Hermann erschien.

Um 1385 gelangte die Familie in den Besitz eines Teiles der Naumburg, den Erzbischof Gerlach von
Mainz an Thilo von Elben verpfändet gehabt hatte und Friedrich von Hertingshausen nach Thilos Tode aus-
löste. Den übrigen Teil der Burg hatten die Grafen von Waldeck inne, die denselben jedoch, wahrscheinlich
noch vor 1400, den von Hertingshausen überließen. Der Besitz der Familie an Ortschaften und Gütern war
bedeutend. Unter anderen erhielt Friedrich von Hertingshausen, das bekannteste Mitglied des Hauses, 1385
mit mehreren von Falkenberg die Städte Wolfhagen, Immenhausen und Grebenstein, 1395 die Hälfte der Burg
Schartenberg und der Stadt Zierenberg. Auch in Cassel besaß der Edelmann ein Haus in der Hergergasse
nebst Ländereien unter dem Weinberge und zu Kirchditmold als Erbburglehen. Vom Erzbischof Konrad von
Mainz wurde er 1392 zum Lehnsmann des Erzstiftes angenommen. Durch die Ermordung Herzog Friedrichs
von Braunschweig am 5. Juni 1400 erlangte Friedrich von Hertingshausen eine traurige Berühmtheit. Das
Kaiserkreuz bei Kleinenglis bezeichnet noch heute die Stelle der Tat, die vermutlich auf Anstiften des Mainzer
Kirchenfürsten geschah und eine Belagerung des Mörders in der Burg Giboldehausen, darauf in der Naum-
burg und auf dem in Verteidigungszustand versetzten Weideiberg zur Folge hatte. Später zog Friedrich vor
Cassel, um das Schloß zu überfallen. Als der Anschlag mißlang, verwüstete er die Umgegend und brannte
zwölf Dörfer nieder. Die Hälfte des Gerichtes zu Dorla vermachte er 1400 dem Kloster Breitenau. Auf
einer Zusammenkunft in Lahnstein 1407 erhielt Friedrich vom Erzbischof Johann von Mainz unter anderem
den Betrag für einen Bau auf der Weideiburg, den er für das Erzstift errichtet hatte. Nach einem Streit mit
dem Landgrafen wegen des Gerichtes zu Alten- und Neuenbrunslar schloß der ruhelose Adelige 1422 sein
langes, fehdenreiches Leben.

Friedrichs Sohn Hermann findet sich 1411 als Landrichter in mainzischen Diensten. Durch Heirat
kamen zwischen den Häusern Hertingshausen und Dalwigk engere verwandtschaftliche Beziehungen zustande.
1431 stiftete Reinhard von Dalwigk mit seinem Neffen Friedrich von Hertingshausen einen Altar in der Stadt-
kirche zu Naumburg. Die Weideiburg, welche die beiden Edelleute 1437 Landgraf Ludwig auftrugen und
von diesem als Lehen erhielten, ging ihnen in Fehde bald verloren. Unter den wenigen nach Verzichtleistung
auf die Burg gewonnenen Gütern befand sich auch ein Hof zu Hertingshausen. Friedrichs gleichnamiger
Sohn versetzte 1485 ein Gefälle aus dem Zehnten dieses Ortes an Eckebrecht von Grifte. Die Ablösung der
Naumburg an Graf Philipp von Waldeck erfolgte 1544.

ln der Martinskirche zu Cassel wurden 1590 der landgräfliche Stallmeister Johann von Hertingshausen
und 1615 der ermordete Hofmarschall Friedrich Balthasar von Hertingshausen beigesetzt. Mit dem kur-
trierschen Kammerherrn und hessischen Erbküchenmeister Ludwig Wilhelm von Hertingshausen ging 1689
der Letzte des Stammes zu Grabe. Die hessischen Lehngüter der Familie bestanden zuletzt nur noch in dem
Zehnten und dem Hofe im Stammorte, Gütern zu Großenritte, Stockhausen, Uttershausen, einem Hofe zu
Herboldshausen und dem Hause zu Cassel. Das Wappen der von Hertingshausen zeigt auf gespaltenem
Schilde im rechten, blauen Felde einen halben silbernen Adler, im linken roten Felde einen doppelten schwarzen
Schrägbalken. Ein Conrades de Hertingeshusen, der 1321 als Konsul von Cassel genannt wird, und ein
Träger des gleichen Namens, der 1378 als Dekan der dortigen Martinskirche vorkommt, gehören nicht zu der
Adelsfamilie, sondern führen nur nach dem Dorfe, ihrem Geburtsorte, den Namen.1

1 Varnhagen, Grundlage zur waldeck. Landes- und Regentengeschichte, S. 383. Kopp, Gerichtsverfassung I, S. 251.
Rommel, Gesell, von Hessenil, S. 230. Justi, Vorzeit, S. 294 f. Landau, Ritterburgen II, S. 218f. Dalwigk, Denkwürdigkeiten,
S. 112f. Kuchenbecker, Erbhofämter, S. 92f.

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