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Holtmeyer, Aloys [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 4): Kreis Cassel - Land: Textband — Marburg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.20172#0143
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OberkallfUHgeil. 3333333333333333333333333

Verfall gerieten. Bereits 1578 war das „Steinhaus ein verwüst zerbrochen Hauß und ganz bawfelsch, wie
dann der Augenschein an Mauern, die dan ein harten Schaden gewunn, da der andere Backofen durch-
gebrochen, und widder wüst geiegt, und an Fenstern und alienthalben ausweist, und zu befinden ist. Item
es hat Johann Nordeck die Kloister-Mühl im Dorff Norttshausen verwüst und verfallen laßen, und Mühl-
stein, Holz und anders in seinen Nutzen genohmmen und die Mülnstede vor 40 Thaler in der Müllen ver-
kauft, wilches dem Kloister nachtheiligk und ein merklicher Abbruch an Nutzen und Gerechtigkeiten.“1

Umgeben wird die am Rande des Dorfes gelegene Klosteranlage von einer Mauer, die an Stellen
eine Höhe von 4,0 m bewahrt hat, besondere Befestigungsmerkmale aber nicht aufweist. Der obligate
unterirdische Gang soll zum Kloster Weißenstein führen. Noch heute finden sich in der Dorfgemarkung
„Klusteräcker“ und „Klosterwiesen“. Auch die „Johanneswiese“ und „Michelswiese“ dürften wie die Be-
zeichnungen „Hinter dem Fischteiche“, „Auf dem Siechen“ und „Bei der Kreutzhecke“ an die Zeiten der
Nonnen erinnern.2

Oberkaufungen.

Das ansehnliche Dorf liegt am linken Ufer der Losse zwischen dem Kaufunger und dem Stiftswald
am Fuße der Söhre, dort wo der Fluß das Helsatal verläßt, um in die Casseler Ebene einzutreten. Überragt
wird der langgestreckte Ort von den Gebäuden des Stiftes Kaufungen, dessen Name auch für das Dorf
gebräuchlich ist im Gegensatz zum benachbarten Niederkaufungen, das nie unverkürzt erscheint. Im Vergleich
zu diesem Stift, einer Gründung der Kaiserin Kunigunde und ihres Gemahls Heinrichs II. für Benediktiner
Nonnen, hat der Ort nur eine unbedeutende Rolle gespielt. Seine Geschicke sind, wie seine Geschichte, mit dem
Stift verbunden, dem das Dorf 1019 durch den Kaiser geschenkt wurde.3 Der Umstand, daß in der Schenkung
der „ganze Wald“ einbegriffen war, läßt vermuten, daß der Kaufunger Wald4 seit alters zum Orte gehörte,
der seinerseits natürlich im Besitze des Kaisers oder vielmehr wie der Wald Reichsgut gewesen sein muß.5 *

Der Name des Dorfes erscheint in der Schenkungsurkunde als Overencoufunga, dann als Obirin
Koufungin 1229°, Obirnkoufungin 13817, Ubern Kouffungen 14498, Obern Kauffung 15279 neben Ober
Kaufungen im gleichen Jahre.10 * Die 1019 sich findende Unterscheidung zwischen Overencoufunga und Nederen-
coufunga hält Vilmar11 für eines der ältesten Beispiele getrennter Ortsschreibweise. Der Name soll einen
alten Kaufplatz bezeichnen, eine Annahme, welche die Lage an der Leipziger Heer- und Handelsstraße zu
bestätigen scheint.12 insbesondere gilt der Ort als Tauschplatz des aus den Soden bei Allendorf gewonnenen
Salzes. Andrerseits wird der Name bald von cavus (koph, kuofe, kufe) abgeleitet und als Bechergrund
gedeutet13 14, bald als Cunigundae confugium ausgelegt, welch letztere Deutung schon deshalb falsch ist, weil
der Ort größeres Alter besitzt als Kunigundens Stiftung.11 Auch die Ableitung von einem Patronym hält

1 Geprechen zu Nortshausen durch Hansen Gilbrecht anno 78 angezeiget. Ortsrepositur. St.-Arch. Marburg.

- Flurkarten, Katasteramt 11, Cassel. — 5 Roques, Urk. Nr. 9.

4 ln foreste Coufhungerwalt, Roques, Urk. Nr. 22 v. J. 1123, in nemore, quod vocatur Coufungirw[ait], Roques, Urk.

Nr. 79 v. J. 1293. Der Kaufunger Wald erstreckt sich in ansehnlicher Ausdehnung über das ganze Gelände zwischen Fulda

und Werra bis fast zu deren Vereinigung bei Münden, während der Stiftswald die ganze Breite längs der Losse bis Eschen-

struth und Fürstenhagen hinauf und westlich hinüber bis Eiterhagen, Wattenbach, Wellerode und Vollmarshausen ausfüllt.
Noch zu Anfang des 16. Jahrhunderts hieß der Stiftswald Sankt Peters Forst, der Kaufunger Wald Sankt Jakobs Forst, wie

aus den Kaufunger Forstrechnungen jener Zeit hervorgeht. Roques, Kaufurigen, S. 2. •

5 Nach Roques, Kaufungen, S. 6, war Kaufungen Billungscher Besitz.

G Roques, Urk. Nr. 41. — 7 Roques, Urk. Nr. 255. — 8 Roques, Urk. Nr. 454.

,J Roques, Urk. Nr. 766b. — 10 Roques, Urk. Nr. 766b. — 11 Ortsnamen, S. 241.

12 Nebelthau, Denkwürdigkeiten, S. 246, weist auf das schwedische Köping und das dänische Kjöbing hin. Vgl.
Brunner in Hessenland XII, S. 237.

13 Piderit, Ortsnamen, S. 315. Arnold, Ansiedelungen, S. 297. Schimmelpfennig, Ortsnamen.

14 Über Entstehung von Confugium vgl. Kuchenbecker, Anal. Hass. III, S. 130.

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