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Holtmeyer, Aloys [Editor]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 4): Kreis Cassel - Land: Textband — Marburg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.20172#0142
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Die einzelnen Orte.

Tafel 74

Tafel 71,20—23

Tafel 76, 3

Tafel 69, 3—7
u. 72.

weniger stark geschwenkte Osttrakt, dessen Ruine Hoffmeister im Bilde erhalten hat, schloß sich der
Sakristei an. Die ehemalige Existenz eines unmittelbar der Nordseite des Gotteshauses sich vorlegenden
kurzen Anschlußflügels ergibt das Vorhandensein von Kragsteinen für Holzbalkendecke auf Länge der drei
östlichen Strebepfeiler. Diesen vielleicht nachträglich angefügten Bauteil verband im Erdgeschoß eine
Spitzbogentür mit dem Chor der Kirche. Zwei rechteckige, durch Steinpfosten geteilte Fenster im Ober-
geschoß scheinen erkrankten Schwestern das Beiwohnen des Gottesdienstes gestattet zu haben. Wohl nur
dem Umstande, daß er mit der Zeit von Ortsansässigen als Wohnung benutzt wurde, verdankt der Westflügel
als einziger Bauteil der Klausur wenigstens in der Südhälfte seine Erhaltung, freilich zugleich auch seine Ent-
stellung. Trotz der wiederholten Umbauten ist so viel ersichtlich, daß der an die Nordfront des Turmes sich
rechtwinklig anschließende Bau im Aufriß die übliche Teilung in zwei Geschossen, im Grundriß die eben-
falls geläufige Anordnung einer Zimmerflucht mit Seitengang besaß. Die Außenwand dieses nach dem Binnen-
hofe gelegenen Flurs, des Kreuzganges, besitzt in arg zerstörtem Zustande die einzigen Architekturstücke,
deren ursprüngliches Bild die im Pfarrgarten zerstreuten Reste ergänzen können. Außer einem spitzbogigen
Durchgangstor am Südende finden sich im Erdgeschoß in regelmäßigen Abständen zweiteilige Maßwerkfenster.
Die Verglasungsfalze des Pfostenwerkes und die gesuchte Zeichnung der Schlußringe sprechen am besten
dafür, daß eine Arbeit spätester Gotik vorliegt, der wohl der gesamte Wohnblock der Nonnen angehört hat.
Auch die Anordnung eines nach dem Hofe, dem Gottesacker, auskragenden Abortes im Obergeschoß, das
im übrigen rechteckige Fenster mit Pfostenteilung aufweist, wäre in den strengen Klosterzeiten kaum denk-
bar gewesen. Daß der in ungleiche Stockwerkhöhen eingeteilte Westflügel zeitweise ein höher greifendes
Dach besaß, ergibt eine schräge Eindeckungsnute im Giebeldreieck des Turmes. Das Fehlen von Gewölbespuren
und Strebepfeilern läßt als Deckenabschluß im Innern der Konventsräume Holzkonstruktionen annehmen.

Wo das 1325 als domus infirmorum aufgeführte Siechenhaus, das 1331 als infirmaria erneut Er-
wähnung findet1, lag, ist nicht ersichtlich.

Auf den älteren Abbildungen erscheint an der Westfront des Turmes ein Anbau, dessen Anschluß-
spuren noch heute erkennbar sind, und weiter westlich ein ebenfalls nicht näher bezeichnetes, nicht mehr
vorhandenes freistehendes kleines Haus.

Anscheinend der interessanteste der teils während, teils nach der Klosterzeit entstandenen
Nebenbauten, ein gotisches mehrgeschossiges Fachwerkhaus, das Vogtshaus, das die Wohnung des Uni-
versitätsfruchtmessers enthielt, fiel 1855. Hoffmeister, der eine Aquarellskizze des an sich schlichten
Hauses aufgenommen hat, gibt einige Notizen. „Schon lange“, so berichtet drei Jahre nach dem Abbruch
der Pfarrer, „war dieses Gebäude, das unten eine sehr enge Stube und oben ein für den Vogt zu Singlis
reserviertes Zimmerchen, sonst aber nur Bodenräume enthielt, sehr baufällig gewesen, so daß z. B. die
untere Stube mit mehreren Pfeilern gestützt werden mußte. Ich habe auf diese Weise der sterbenden Ehe-
frau des Fruchtmessers das heilige Abendmahl zwischen zwei solchen Stützen, die vor dem Bette der-
selben angebracht waren, hindurchgereicht. Es stand da, wo jetzt der Ökonom Stein, der es auf Abbruch
kaufte, ein Gärtchen eingerichtet hat, und war gewiß das älteste Holzgebäude in Nordshausen und jedenfalls
aus dem sechzehnten Jahrhundert. Die ehemalige Spitzbogentür zeigte ganz hübsche gotische Holz-
schnitzereien.“

Noch erhalten ist die sogenannte Zehntscheuer, ein östlich der Kirche an der vorüberführenden
Landstraße gelegenes, ehemals den Zwecken der Universität Marburg dienendes, jetzt zum Nachbargehöft ge-
höriges, spätgotisches Kornhaus, das in einem dreigeschossigen, massiven Unterbau und einem Fachwerk-
aufsatz vier Holzböden enthält, in den beiden unteren Stockwerken durch Außentüren zugänglich ist, und im
Obergeschoß einen Lukenausbau besitzt.

Unbekannt der Lage nach wiederum sind zwei weitere Wirtschaftsgebäude, die, in der weiteren Um-
gebung des Klosters gelegen, vielleicht nach älteren Berichten schon kurz nach Aufhebung des Konventes in

1 Urk. d. Klost. Nordshausen. St.-Arch. Marburg.

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