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Holtmeyer, Aloys [Hrsg.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel (Band 4): Kreis Cassel - Land: Textband — Marburg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.20172#0124
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<3'©/®'©'®'©'©'©'©'©'©'©'©'©'©'©'©'©'®'©'®'©'®'©' Die einzelnen Orte. '3'3'3'3's'3'3'3'3'3'3'3'3'3'3'33'3'3'3'3'3'3'3

1343 gebrauchte Bezeichnung Kyrchtzwerne darf man ebenso wie die 1410 sich findende Benennung Alten-
zwehren1 auf den älteren Platz beziehen.2 Hergeleitet wird der Name bald von thwer (gotisch thwaris = feindselig)
in der Eigenschaft des Ortes als letztes Sachsendorf3, bald von Dueron (transversus) wegen der angeblich durch
den Ort führenden Landes-, Stammes- oder Gerichtsgrenze.'1 Geläufiger ist die Ableitung von twer (= quer), die
damit begründet wird, entweder daß der Ort quer zu der hindurchführenden Landstraße lag5, oder daß ein
Bach quer durch den alten Friedhof floß, oder daß, von der Casseler Karlsaue gesehen, der Bergzug sich quer
vor das Tal schiebt.3 Arnold, der den Namen dem Inhalte nach mit Zwergen bei Hofgeismar gleichsetzt,
läßt die Frage nach der Entstehung der Form offen.7

Das unmittelbar bei der Landesresidenz liegende Dorf gab frühzeitig einem Tore der Stadt, dem
Zwehrentore, den Namen, das 1269 als valva que tendit Tuern aufgeführt wird. Der Platz zählte zu den
Besitzungen der Abtei Kaufungen, der auch das Patronat über die Kirche zustand.8 Den Zehnten im Orte
bestätigte 1224 Landgraf Ludwig IV. von Thüringen dem Stifte antiquo et privilegiato jure. Möglich also,
daß die Dorfschaft bereits in der mehr als zweihundert Jahre alten Schenkung der curtis Cassela an Kaufungen
enthalten war.9 Als Kaufunger Lehnsmann erscheinen 1282 Hermann und Werner von Gudensberg,
1258 Johannes Riedesel.10 Ein ailodium in Villa Twern findet sich 1308, eine curia in Tuern 1326 im Besitz
des gleichen Klosters.11 Als größerer, den Nonnen gehöriger Hof wird das Suringesgut genannt, dessen
Lehnsbesitzer Johannes und Simon Volperti waren.12 Außer dem Kloster Hasungen, dem bereits 1123 Erz-
bischof Adalbert 1. von Mainz einige Hufen bestätigte13, besaß der Konvent von Weißenstein Ländereien im
Orte.11 Auch zu den Benediktinern in Breitenau, den Karmelitern in Cassel und den Augustinerinnen zum
Ahnaberge bestanden Beziehungen.15

In kirchlicher Hinsicht mag der Platz erhöhte Bedeutung besessen haben. Daß das Gotteshaus an
heidnischer Kultusstätte entstand, hat man aus der Bezeichnung „Opperrain“ schließen wollen, doch scheint
das Wort eher die Grenze des kirchlichen Besitztums zu bezeichnen. Ebenso mag es dahingestellt bleiben,
ob der 1882 bei der Verkoppelung beseitigte „Bonifatiusweg“, der, in Fortsetzung der Straße von Fritzlar
nach Niederzwehren, vom Dorfe nach der Südspitze der Casseler Karlsaue führte und von zehntfreien Äckern
eingefaßt war, mit dem Bekehrer von Hessen in Verbindung steht.10 An die germanische Vorzeit erinnert
der Donnersbrunnen, der über dem jetzigen Schlößchen Schönfeld entspringt und sich in den Wiesen der
Gemarkung Niederzwehren verliert. Über dem Brunnen, dessen Pflege der Dorfgemeinde oblag, entstand in
christlicher Zeit ein Hofspital, das 1331 als Hospitale Tuern, 1422 als Ferenspytalle, 1453 als Fehrenspital,
später als Verenspital Erwähnung findet.17 Mit diesem Siechenhause werden die in der Nähe gelegenen Spittels-
oder Spickertswiesen und das Spittelsfeld, die Abdachung des Schönfelder Parkes, in Zusammenhang gebracht,
ebenso das gegenüberliegende Grundstück, das die Bezeichnung „in den Fehren“ führt.18 Die zum Spital
gehörige Kapelle war der Mutter Gottes geweiht.19 ihren nunmehr zum Stadtkreise Cassel gehörigen Platz

I Urk. d. Klost. Nordshausen. St.-Arch. Marburg. — 2 Landau, Hessengau, S. 72.

3 Piderit, Ortsnamen, S. 312.

4 Vilmar, Ortsnamen, S. 264. Nebelthau, Denkwürdigkeiten, S. 245.

5 Armbrust, Entstehung und Ableitung hessischer Ortsnamen, in Hessenland X, S. 226.

6 Zimmermann bei Usbeck, Chronik von Niederzwehren, S. 11 f.

7 Ansiedelungen, S. 129. — 8 Roques, Urk. Nr. 216. — 9 Roques, Urk. Nr. 4 u. 36.

10 Roques, Urk. Nr. 58, 89 u. 105. Über Kaufunger Oüterbesitz vgl. Usbeck, Chronik von Niederzwehren, S. 18 f.

II Roques, Urk. Nr. 110 f. u. 177. — 12 Roques, Urk. 187 u. 189.

13 Wenck, Landesgeschichte II, Urk. Nr. 52. — 11 Justi, Denkwürdigkeiten IVi, S. 18f.

15 Urk. d. Klöst. Breitenau, Cassel und Ahnaberg. St.-Arch. Marburg.

10 Usbeck, Chronik von Niederzwehren, S. 78: „Auf dem Opperrain . . . stand vermutlich schon in den früheren
Zeiten eine Kapelle, wahrscheinlich von Bonifatius gegründet“.

17 Landau, Hessengau, S. 73. Hochhuth, Stat., S. 18. Nebelthau, Denkwürdigkeiten, 62f. Armbröster, Baunatal.

18 Wilhelm Dilichs Karte von 1625 „die dem Stifte zu Kaufungen zentbaren Ländereien und Felder in der Feldmark
von Nieder Zwehren“.

19 Roques, Urk. Nr. 242.

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