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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0097

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III. Die Maler zur Zeit des peloponnesisclien Krieges.

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zurückzukommen, nachdem früher versucht worden ist, gerade durch die Ver-
gleichung ihrer Leistungen die Eigenthiimlichkeit. eines jeden ins Licht zu
setzen. — Wichtiger würde es sein, vielmehr das Gemeinsame, welches ihrer
künstlerischen Anschauungsweise trotz der Verschiedenheit der besonderen Aus-
bildung zu Grunde liegt, bestimmter nächzuweisen, um es hierdurch zu recht-
fertigen, weshalb wir diese Künstler von denen der nachfolgenden Periode als
eine für sich bestehende Gruppe getrennt haben. Allein diese Erörterung wird
sich erst dann mit wirklichem Nutzen führen lassen, wenn wir auch das Wesen
eben dieser Periode näher werden kennen gelernt haben. Erst dann wird es
sich zeigen, wie die Leistungen der Kleinasiaten eine in sich abgeschlossene
Vorstufe für die umfassenderen Entwickelungen der Malerei bilden, welche von
verschiedenen Punkten ausgehend in Apelles und seinen Zeitgenossen ihren
Höhepunkt erreichen.

Dagegen dürfen wir hier nicht unterlassen, einen Blick auf die äussere
Geschichte sowohl der Kunst, als der griechischen Culturentwickelung überhaupt
zu werfen. Durch Polygnot und die neben ihm arbeitenden Künstler war Athen
Hauptsitz der Malerei geworden. Unmittelbar nach ihm folgt die Thätigkeit
des Phidias auf dem Gebiete der Sculptur. Wie aber auf diesen die geistig
so bedeutenden Schöpfungen des Polygnot einen ^Einfluss auszuüben gewiss
nicht verfehlt haben, so lässt sich auch auf der andern Seite von vorn herein
annehmen, dass die höchste Vollendung der Sculptur wiederum in nachdrück-
licher Weise auf die Weiterbildung der Malerei zurückwirkte. Namentlich musste
die Art, wie in der Sculptur die höchste Idealität mit der höchsten Naturwahr-
heit verbunden erschien, den Wetteifer der Malerei hervorrufen. Und so sehen
wir denn ziemlich gleichzeitig mit Phidias durch Agatharch, der zwar aus Samos
gebürtig, aber in Athen thätig ist, die ersten Schritte nach dieser Richtung
hin geschehen. Ihm folgt schnell Apollodor, durch den zuerst die Malerei sich
von der Verbindung mit ihren Schwesterkünsten, der Architektur und Sculptur,
vollständig emancipirt und auf die speciell und rein malerische Wirkung hin-
zuarbeiten beginnt. Mit ihm aber bricht plötzlich die weitere Entwickelung der
Malerei in Athen ab.

Zeuxis ist es, auf den nach dem eigenen Geständnisse des Apollodor zu-
nächst die ganze Fülle des Ruhmes übergeht. Aber auch Zeuxis hat ja, wenn
auch nur vorübergeheud, in Athen gearbeitet; und eben so wissen wir von Par-
rhasios, dass er für Athen thätig war. Warum wählten sie also nicht, wie
Polygnot, Agatharch, wie so viele Bildhauer zur Zeit des Phidias, Athen zu
ihrem dauernden Wohnsitze ? Die Antwort auf diese Frage geben uns die ver-
änderten politischen Verhältnisse. Der Beginn des peloponnesisclien Krieges
hemmt die weitere Entwickelung der Malerei, wie der Kunst überhaupt nicht
nur in Athen, sondern im ganzen eigentlichen Griechenland. In der Sculptur
wirkt zunächst noch der Einfluss des Phidias, Myron und Polyklet auf ihre un-
mittelbaren Schüler. Wenn aber, schon diese meist nur weiter ausbilden, was
von den Meistern bereits begründet war, so tritt nach ihnen fast durchgängig
ein völliger Stillstand ein. In der Malerei lernen wir in der auf Apollodor fol-
genden Zeit eigentlich keinen einzigen hervorragenden Namen in Hellas kennen.
Aber während die Sculptur schon aus materiellen Gründen sich schwerer von
 
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