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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0092

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82

Die Maler.

wir die Eigentümlichkeiten des Parrhasios unter diesem Gesichtspunkte, so
werden wir zugeben müssen, dass sie dadurch nicht nur an sich ihre Erklärung
finden, sondern dass sie sich zu einem Charakter zusammenschliessen, dessen
Einheit nicht minder auf seinen Mängeln, als auf seinen Vorzügen beruht.

Timanthes.

Timanthes findet hier einen passenden Platz, um uns zur Schule von
Sikyon überzuleiten. Sein Wettstreit in Samos mit Parrhasios, ein anderer mit

121 Kolotes von Teos *) deuten zwar auf gewisse Wechselbeziehungen mit der asia-
tischen Schule hin. Allein als sein Vaterland wird von Quintilian 2) die Insel
Kythnos, von Eustathius3) Sikyon genannt, welche letztere Angabe dahin zu
deuten sein wird, dass Timanthes wegen des Aufschwunges, den dort die Malerei
nahm, ebendaselbst seinen Wohnsitz aufgeschlagen habe. Die Zeit seiner
Thätigkeit muss etwa zwischen Ol. 90—100 fallen, da er von Plinius 4) als Zeit-
genosse des Zeuxis, Parrhasios, Androkydes, Eupompos hingestellt wird.

Die Zahl der uns bekannten Werke dieses Künstlers ist sehr gering. Am
meisten gefeiert war:

Iphigeneia am Altar stehend, um geopfert zu werden, mit welcher er
den uns sonst ganz unbekannten Kolotes von Teos besiegte. In diesem Ge-
mälde hatte der Künstler, nachdem er in den Nebenfiguren den Ausdruck
der Trauer nach allen Seiten erschöpft, so dass eine Steigerung nicht mehr
möglich schien, die höchste Stufe des Schmerzes im Bilde des Vaters nicht in
Wirklichkeit darzustellen versucht, sondern ihn vielmehr in seiner Unaussprech-
lichkeit nur ahnen lassen, indem er den Agamemnon mit verhülltem Haupte
bildete. Die Abstufungen in dem Schmerze der übrigen Figuren lernen wir
aus mehrfachen Anführungen kennen: Kalchas war traurig, betrübter Odysseus,
Aias klagte laut, in Menelaos aber sprach sich schon der höchste Jammer aus:
Plin. 35, 73; Cicero orat. 22; Valer. Max. VIII, 11, ext. 6; Quintil. II, 13: Lucil.
Aetna v. 595; Eustath. 1. 1. Einzelne Motive aus diesem Bilde scheinen in einem
pompeianischen Gemälde benutzt zu sein, das jedoch in manchen Punkten wieder
zu viele Abweichungen darbietet, um geradezu für eine Copie nach Timanthes
gehalten zu werden: Raoul-Roch. Mon. ined. 27; Müller u. Oest. A. D. I, 44, 206.

Palamedes, hinterlistig ermordet; zu Ephesos, nach Tzetzes Chil. VIII, 198.
Von diesem Bilde erzählt Ptolemaeus Hephaestio bei Photius (cod. 190; p. 243
Hoesch.), dass Alexander bei seinem Anblicke durch die Aehnlichkeit beunruhigt
wurde, die er zwischen seinem Genossen im Ballspiele Aristoneikos und dem
Gemordeten zu finden glaubte.

122 Aias beim Urtheile über die Waffen des Achill, mit welchem Gemälde
er in Samos Parrhasios besiegte: Plin. 1. 1.

Ein schlafender Kyklop in einem kleinen Gemälde; um jedoch trotz-
dem die Grösse des Riesen erkennen zu lassen, malte er neben ihm Satyrn,
welche mit dem Thyrsus seinen Daumen messen: Plin. 35, 74.

Ein Heros, ein Werk von der höchsten Vollendung, so dass darin über-

') Quintil. II, 13. -) II, 13. 3) ad II. 24, 163, p. 1343, 60 R, i) 35, 64.
 
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