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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0173

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IV. Die Maler vom Ende des peloponn. Krieges bis zum Tode Alexanders d. Gr. 1G3

machen, dass wir die Wirklichkeit vor Augen zu haben glauben sollen. Und
so bewundert auch der grosse Haufe vor Allem die Natürlichkeit an dem Reb-
huhn neben dem Satyr. Aus allen diesen Notizen lernen wir indessen immer
noch nicht die Mittel kennen, durch welche er diese Erfolge erreichte. Fragen
wir nach der Zeichnung, so erhalten wir keine Antwort ausser der Anekdote
über seinen Wettstreit mit Apelles, aus welcher wir allerdings auf eine grosse
Sicherheit und Feinheit in der Führung des Pinsels schliessen müssen. Hin-
sichtlich der Farbe zeigt sich derselbe Mangel an Nachrichten: denn was will
es bedeuten, wenn Cicero J) den Protogenes neben Apelles, Aütion, Nikomachos
den altern Malern, welche nur die vier Farben angewendet, als vollendet in allen
Beziehungen gegenüberstellt? Auch daraus, dass er den Jah'sos viermal über-
malte, können wir auf das Colorit keinen Schluss machen. Wenn wir nun
endlich hören, dass er auch Theoretiker war und über die Kunst schrieb, so
sehen wir darin allerdings einen neuen Beweis für den Fleiss und die Sorg-
falt des Künstlers, welcher auch nach dieser Seite hin seine Aufgabe gründlich
durcharbeiten will: worauf aber sich vorzugsweise seine Aufmerksamkeit richtete,
das lehrt uns auch der Titel seiner Schriften nicht, da der eine Ausdruck: tjsqI
YQacpLy.fjg sich ganz allein auf Zeichnen und Malen bezieht, der andere: y.al
B%i]ßarav bei unserer mangelhaften Kenntniss der antiken Maler-Terminologie
mancher Zweideutigkeit unterworfen erscheint.

So kennen wir eigentlich nur die Thatsache der Berühmtheit des Proto-
genes, nicht aber die Gründe, auf denen sie beruht. Dazu kömmt, dass er
gänzlich isolirt und ausserhalb des Zusammenhanges einer Schule dasteht, aus
welchem wir sonst wohl Folgerungen zu ziehen berechtigt wären. Den einzigen
Haltpunkt gewährt noch sein Verhältniss zu Apelles. Denn wenn schon die
wenigen uns bekannten Thatsachen auf eine Verwandtschaft ihrer künstlerischen
Bestrebungen hindeuten, so dürfen wir wohl den Ausspruch des Apelles, dem-
zufolge Protogenes mit Ausnahme jener besonderen leichten Anmuth in allen
übrigen Stücken ihm gleich, wenn nicht überlegen war, im strengeren Wort-
sinne nehmen und daher so deuten, dass Apelles gerade darum zur Anerken-
nung des Protogenes sich veranlasst fühlte, weil er an ihm ein dem seinigen
durchaus gleichartiges Verdienst wahrnahm. So mögen denn auch wir uns da-
mit begnügen, dass wir dem Protogenes seine Stelle durchaus neben Apelles
anweisen und nur darin eine Verschiedenheit finden, dass bei Apelles mehr aus
ursprünglicher Begabung hervorging, was Protogenes durch die grösste Aus-
dauer und Sorgfalt zu erreichen bestrebt war.

Aütion.

Aetion war bis vor nicht langer Zeit einzig aus Lucian bekannt, indem
man die ihn betreffenden Erwähnungen bei Cicero und Plinius auf Echion als
einen zweiten Künstler bezog. Die Identität beider hat in durchgreifender Weise
zuerst Stark2) nachgewiesen, mit dem ich hierin, wie in der Bestimmung der
Zeit durchaus übereingetroffen bin. — Was zuerst den Namen anlangt, so ist

x) Brut. 18. 2) Arch. Stud. S. 40—46.
 
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