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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0279

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Einleitung.

D ie Bildkunst in Metall nimmt zur Vollendung- ihrer Werke zwei wesent-
lich verschiedene Thätigkeiten in Anspruch: die eine, die Plastik im engeren
Sinne, hat es mit der Vorbereitung des Metalls zum Gusse zu thun, die andere,
die Toreutik, mit der Bearbeitung des schon gegossenen Werkes. Die erstere
ist gewiss die geistig bedeutendere: denn die künstlerische Idee muss schon
im Modell in allen Hauptsachen bestimmte Gestalt gewonnen haben; die spätere
toreutische Behandlung vermag dieselbe nur in seltenen Fällen und in geringem
Umfange zu modificiren. Namentlich bei Werken, welche auch äusserlich ge-
wisse Dimensionen erreichen, bei den eigentlich statuarischen Werken, bleibt
dem Toreuten nächst der Reinigung des Gusses häufig nur übrig, einzelne
Formen schärfer zu bezeichnen oder mehr im Detail auszuarbeiten. Anders
gestaltet sich das Verhältniss in der Praxis bei Arbeiten geringen Umfanges.
Hier bietet der Guss durchschnittlich so ungenügende Resultate, dass in den
meisten Fällen ein solches Werk seinen eigenthümlichen Werth durchaus nur
der Cisellirung verdankt. Darin ist es begründet, dass die Toreutik, obwohl
im Grunde nur ein Theil der Erzbilclnerei, doch auch auf Geltung als eine selb-
ständige Kunst wenigstens in einem gewissen Umfange Anspruch machen kann,
und in der That wirklich gemacht hat. In den Nachrichten der Alten erscheinen
die Toreuten als eine besondere Klasse von Künstlern; und zwar ist hinsicht-
lich ihrer der Sprachgebrauch noch strenger begrenzt worden. Denn nicht etwa
bezeichnet man so die Künstler kleiner Erzfiguren, bei denen trotz ihrer Klein- 398-
heit die Modellirung vor dem Gusse doch immer eine hohe Bedeutung bewahrt,
sondern die Verfertiger von Arbeiten, welche ursprünglich zu praktischem Ge-
brauch bestimmt sind und zu Kunstwerken nur durch die kunstreiche Ver-
zierung erhoben werden, wozu namentlich alle die Geräthe und Gefässe gehören,
welche beim Opfer, beim Mahle und Gelage auch dem Auge des Benutzenden
einen Genuss bereiten sollen. So äusserlich eine solche Beschränkung scheinen
mag, so hat sie doch ihren tieferen Grund. Denn an Arbeiten dieser Art hat
der Guss meist so geringen Antheil, dass er sogar häufig gänzlich ausser Be-
tracht kommt und durch ein Treiben des Metalls mit dem Hammer ersetzt wird.
Hiermit hängt es auch zusammen, dass diese Künstler dem Silber als Material
weitaus den Vorzug gaben; denn abgesehen davon, dass dieses Metall für Ge-
räthe des Luxus als das passendste erscheint, ist es durch seine Feinheit und
Dehnbarkeit gerade für die toreutische Bearbeitung vorzugsweise geeignet.

Allerdings ist eine solche Beschränkung des Begriffes der Toreutik nicht
überall und zu jeder Zeit in gleicher Strenge festgehalten worden; und nament-
 
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