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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0098

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88 Die Maler.

einem Orte zum andern verpflanzen lässt, findet die Malerei in der Zeit der
Bedrängniss ein Asyl in Kleinasien. Die Uebel des peloponnesisclien Krieges
waren für die dortigen hellenischen Städte minder fühlbar; und des Joches der
persischen Herrschaft ledig erfreuten sie sich gerade damals eines Zustandes
hoher Blüthe. Bei dem weicheren, beweglicheren, auf Genuss gerichteten Cha-
rakter des ionischen Volksstammes musste das damals hervortretende Streben
der Malerei nach Reiz und Illusion der Sinne gerade dort einen besonders
günstigen Boden vorfinden. So wendet sich denn Zeuxis nach Ephesos, wo
um diese Zeit durch Parrhasios als einen einheimischen Künstler der Sinn für
Malerei schon mehr, als in andern benachbarten Städten, geweckt sein mochte.
Je glänzender aber hierdurch Ephesos augenblicklich erscheint, um so auffal-
lender muss es uns sein, dass es diesen Ruhm auf die Länge zu bewahren
durchaus nicht im Stande gewesen ist. Nach dem Tode des Zeuxis und Par-
rhasios tritt es für längere Zeit wieder gänzlich in den Hintergrund. Zum
130 Theil mag dies darin seinen Grund haben, dass, wie wir später suchen werden
wahrscheinlich zu machen, diese beiden Künstler ihrer ganzen Persönlichkeit
nach wenig darauf ausgingen, durch Lehre nachhaltig zu wirken. Anderen Theils
aber müssen wir glauben, dass die ganze Ausbildung des hellenischen Lebens
in Kleinasien bei aller äusseren Förderung der Kunst doch nicht geeignet war,
für deren stetige innere Entwickelung einen fruchtbaren Boden darzubieten.
Finden wir doch auch auf dem Gebiete der Sculptur unter den Meistern, welche
vorzugsweise als die Träger des Fortschrittes wenigstens bis zur Zeit Alexan-
ders erscheinen, keinen einzigen, der in Kleinasien seine Heimath gehabt hätte.
Genug, als die politischen Verhältnisse im eigentlichen Griechenland sich wieder
günstiger für die Kunst gestalteten, sehen wir auch die Malerei nicht nur ihren
Wohnsitz wieder verändern, sondern auch an verschiedenen Orten, namentlich
in Sikyon, in Theben und Athen, ganz neue Bahnen einschlagen; und erst
nach längerer Unterbrechung nimmt Kleinasien den Wettkampf wieder auf, aber
auch da nicht durch eine bestimmt abgeschlossene Kunstschule, sondern,
wie vorher, durch einzelne hervorragende künstlerische Individualitäten.

Vierter Abschnitt.

Die Maler vom Ende des peloponnesischen Krieges bis zum
Tode Alexanders des Grossen.

SiIronische Schule.

Sikyon, obwohl es sogar die Erfindung der Malerei für sich in Anspruch
nahm, begründete seinen grossen Ruhm in dieser Kunst doch erst verhältniss-
mässig spät durch eine Malerschule, an deren Spitze
 
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