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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0094

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84

Die Maler.

sonderen Tiefe der geistigen Auffassung zu begründen. Fassen wir jedoch die
Nachrichten über Timanthes in ihrer Gesammtheit ins Auge, so werden wir
nicht umhin können, das Urtheil des Plinius als vollgültig anzuerkennen. Schon
in der Wahl eines Gegenstandes, wie die hinterlistige Ermordung des Pala-
medes, spricht sich die Neigung aus, die Bedeutung der Handlung in den ihr
zu Grunde liegenden geistigen Motiven zu suchen. Wenn nun ferner Timanthes
den Parrhasios, einen Meister in der Auffassung psychologischen Ausdruckes,
in dem Urtheile über die Waffen des Achill besiegt hat, so dürfen wir wohl
behaupten, dass ihm dies eben durch sein „ingenium" gelungen sei, nemlich

124 durch eine Anordnung, welche über das Sichtbare der wirklichen Darstellung
hinaus die aus derselben sich entwickelnde tragische Katastrophe als unvermeid-
lich voraus ahnen liess. In dem Gemälde der Iphigenie endlich erscheint jene
Verhüllung keineswegs als ein blosser Kunstgriff, sondern vorbereitet durch die
in den Nebenpersonen ausgesprochene Stufenfolge steigender Affecte ist sie als
höchster Ausdruck des Schmerzes fast mit Nothwendigkeit geboten. Es ist
demnach durchaus treffend, dass Eustathius uns zum Vergleich auf die Niobe
und ähnliche Gestalten des Aeschylus hinweist. Wenn wir aber nicht umhin
konnten, uns bei Gelegenheit des Zeuxis und Parrhasios zuweilen an Euripides
zu erinnern, so muss jener Vergleich dem Timanthes um so mehr zur Ehre
gereichen. Denn es liegt darin ausgesprochen, dass Timanthes, während er
auf der einen Seite hinter den Forderungen seiner Zeit keineswegs zurückblieb,
auf der andern zugleich einen Theil der Vorzüge der früheren Zeit, die Tiefe
und Bedeutsamkeit der geistigen Auffassung noch zu bewahren wusste, während
bei seinen Nebenbuhlern bereits das Streben nach Illusion und einer mehr
äussern Charakteristik sich Bahn zu brechen begonnen hatte.

Die übrigen Maler dieser Periode.

Von Schülern der eben behandelten Meister haben wir keine Kunde. Denn
Mikkion, den Lucian (Zeuxis 7) einmal als Schüler des Zeuxis nennt, wird so
beiläufig und in einer solchen Weise angeführt, dass der Name sehr wohl von
Lucian bloss zum Zwecke seiner Erzählung erfunden sein kann. Aber auch sonst
kennen wir nur wenige Maler aus dieser Zeit. Wir nennen unter diesen zuerst:

A n d r o k y d e s.

Unter den Zeitgenossen und Nebenbuhlern des Zeuxis, Timanthes, Parrhasios,
Eupompos, führt Plinius (35, 64) auch Androkydes an, der andern Nachrichten
zufolge aus Kyzikos stammte. Er malte nach Plutarch (Pelop. 25) zur Zeit der
Wiedereinnahme der Kadmea durch die Thebaner (Ol. 100, 2) ein bei ihm von
der Stadt bestelltes Schlachtbild, in welchem Pelopidas und Epaminondas zu
den Hauptfiguren gehörten : vielleicht den Kampf gegen die Arkader, in welchem
Epaminondas den schwer verwundeten Pelopidas mit Gefahr des eigenen Lebens

125 vertheidigte (Plut. Pelop. 4: Ol. 98, 4). Um nun den Ruhm dieser Beiden zu
verkleinern, schlug nach jener politischen Umwälzung ein gewisser Menekleides
vor, dem Bilde durch die Aufschrift des Namens des Charon eine Beziehung
auf eine andere Schlacht zu geben, nemlich auf das Reitertreffen, welches die
Thebaner unter Führung dieses letztern vor der Schlacht von Leuktra gewannen.
 
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