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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0118

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108

Die Maler.

wir unsere Hauptquelle, den Plinius, betrachten, möchte man an der Möglich-
keit dieses Beweises zweifeln, so unbestimmt und verwirrt sind seine Nach-
richten. Mit einem: eodem tempore, hac aetate, aequalis ist meist die chrono-
logische Bestimmung abgethan, und in solcher Weise sind oft Künstler als
gleichzeitig hingestellt, die nur in dem Endpunkte der Thätigkeit des einen
und dem Anfangspunkte des andern zusammenfallen. Um so fester müssen
wir uns an diejenigen chronologischen Angaben halten, welche sich ausserdem
noch ermitteln lassen. Es wird aber hier, um zu einer klaren Ueberzeugung
zu gelangen, nothwendig sein, die chronologische Erörteruug im Zusammen-
hange vorzunehmen und die Würdigung des künstlerischen Verdienstes der
Einzelnen ganz getrennt hiervon zu behandeln.

Der erste Künstler in dieser Reihe ist Aristiaeos, welchen Namen
Sillig jetzt nach den Spuren der Bamberger Handschrift an die Stelle von Ari-
stodemos gesetzt hat. Von ihm wissen wir jedoch nichts, als dass er Vater
und Lehrer des Nikomachos war1). Eine Zeitbestimmung für diesen aber
160 gewährt einzig des Plinius Nachricht, dass er für Aristratos, Tyrannen von
Sikyon, am Denkmal des Dichters Telestes arbeitete. Aristratos heisst bei
Demosthenes 2) und Plutarch 3) Zeitgenosse Philipps von Makedonien, welcher
Ol. 105, 2 zur Regierung gelangte. Damit ist indessen nicht gesagt, dass die
Arbeit des Nikomachos nicht vor diesen Regierungsantritt fallen könne, viel-
mehr wird das Gegentheil durch die Zeitbestimmung des Telestes sogar wahr-
scheinlich •"). Der parischen Marmorchronik zufolge siegte dieser Dichter Ol. 94, 3
in Athen, und Diodorr') setzt seine Blüthe Ol. 95, 3. Von da bis zum Regie-
rungsantritt Philipps sind vierzig Jahre, also immer ein ziemlich langer Zwi-
schenraum. Rücken wir aber die Arbeit an Telestes Grabe bis gegen Ol. 105
herab, so bleibt es noch immer dahingestellt, ob der Künstler sie als Jüngling
oder als Greis ausführte. Wir dürfen danach die Annahme, dass seine Thätig-
keit bereits um Ol. 95 begonnen haben könne, wenigstens als eine Möglichkeit
gelten lassen.

Wenden wir uns jetzt zu seinen Schülern. Ueber die Zeit des Koroebos,
eines Künstlers dritten Ranges (früher Korybas genannt) 6) erfahren wir nichts
Bestimmtes. Philoxenos von Eretria dagegen malte für Kassander eine
Schlacht des Alexander mit Darius"). Doch lässt uns auch diese Angabe wieder
einen ziemlich weiten Spielraum. Denn dass Plinius Kassander König nennt,
wird uns, wenn wir so manche ähnliche Angaben in Betracht ziehen, nicht zu
der Behauptung zwingen, dass jenes Bild durchaus erst nach Annahme des
Königstitels, Ol. 1 IG, 2, gemalt sein müsse. Sicher ist also nur, dass der
Künstler einige Zeit nach der Schlacht, sei es nun der ersten oder der letzten,
also in der 112ten Olympiade noch in Thätigkeit war.

Den schwierigsten Punkt in diesen Untersuchungen bilden aber die Fragen,
welche sich an die Person des Aristides knüpfen, namentlich daran, ob er der
Bruder oder der Sohn seines Lehrers Nikomachos war. Zuerst müssen wir
1G1 aussprechen, dass wir es nur mit einem einzigen Aristides zu thun haben.

!) Plin. 35, 108. 2) De eoron. ij 48; 295. 3) Arat. 13. *) Vgl. M. Schmidt: Rhein.
Mus. N. F. IV, S. 305. ö) XIV, 46. «) Plin. 35, 146. 7) Plin. 35, 110.
 
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