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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0198

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Die Maler.

Künstlers beziehen zu müssen glaubte, worin ihm allerdings schon Ausonius
in seiner freien Nachbildung bestimmt vorangegangen ist*); schon die Ver-
ewigung der Mordgedanken scheint dem Dichter barbarisch, und er nennt
die Medea Kindermörderin auch vor der That. da diese doch sicher bevorstehe
und man auch in dem Gemälde das Unmaass der Leidenschaft spüre. — In
ähnlicher Weise wie bei der Medea scheint dem darüber erhaltenen Epigramme
zufolge auch bei der Iphigenie der Kampf zwischen den Gefühlen der priester-
lichen, wenn auch noch so verhassten Pflicht, und der Ahnung, dass ihr als
Schlachtopfer der eigene Bruder gegenüberstehe, das Grundmotiv der Dar-
stellung abgegeben zu haben. Welchen der zahlreichen verwandten Momente
aus der Sage des Orestes Timomachos für seine Darstellung desselben gewählt
habe, sind wir leider zu bestimmen ausser Stande. Dass bei der Gorgo die
hohe Vortrefflichkeit auf den entsetzlichen Contrasten zwischen der Schönheit
der Bildung und der Furchtbarkeit des Ausdrucks beruht haben wird, dürfen
wir wohl auch ohne ein bestätigendes Zeugniss annehmen. — Unter den noch
übrigen Werken fällt wegen der eigenthümlichen Benennung Lekythion auf.
280 Zwar kennen wir s/rjxvd-lav als Sklavennamen aus Lucian'2), aber durch des
Plinius Zusatz agilitatis exercitator werden wir auf die eigentliche Bedeutung
des Namens geführt. War nun etwa Lekythion, „Oelfläschchen", der wirkliche
Name eines Lehrers der Athletik? oder der Beiname eines solchen, der durch
seine Lehre die Glieder der Athleten schmeidigte gleich dem Inhalte des Salben-
gefässes? oder ging der Eifer der Griechen, Alles zu. personiflciren, so weit,
dass sie aus dem Geräthe der Athletik einen Athleten schufen, an welchem die
Wirkung der ersteren gewissermaassen verkörpert erschien?

Wichtiger als die Lösung dieser Schwierigkeit ist die Frage nach der
Zeit des Künstlers. Plinius sagt: Timomachos malte zur Zeit Caesars. Ich
muss diese Angabe für durchaus.irrthümlich halten und freue mich, in dieser
Ansicht mit Weicker8) zusammengetroffen zu sein. Ueberblicken wir alles,
was wir aus Caesar's Zeit nicht nur über die Malerei, sondern über den Zu-
stand der Kunst im Allgemeinen wissen, so werden wir nichts finden, was sich
an Bedeutung dem Timomachos zur "Seite stellen liesse: nirgends begegnen wir
einem Künstler, welcher durch eigenen Geist und durch eigene Erfindung etwas
so Gewaltiges und namentlich etwas so Selbständiges geleistet hätte, wie die
Gemälde des Timomachos nach den ihnen gespendeten Lobsprüchen gewesen
sein müssen. Hierzu gesellen sich aber noch mancherlei Bedenken mehr äusser-
licher Art. Caesar bezahlte für den Aias und die Medea achtzig Talente. Hätte
nun der Künstler auf Bestellung des Caesar gearbeitet, würde da der Preis in
Talenten und nicht vielmehr in Sestertien festgesetzt worden sein? Ausserdem
bezahlte Caesar die Summe für zwei Bilder, von denen das eine nicht einmal
vollendet war; offenbar war also damals der Künstler nicht mehr am Leben.
Alle diese Schwierigkeiten fallen weg, sobald wir annehmen, dass Plinius durch
einen Irrthum die Zeit des Kaufes mit der des Künstlers verwechselt hat. Und

ep. ISO, wo am Schlüsse die Verse hinzugefügt werden:

Laude- Timomachum, matrem que-d pinxit in ense
Cunctantoni, prolis sanguine ne maculet.
2) fugit. 32. 3) Kl. Sehr. III, 457.
 
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