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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0209

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V. Die Malerei der Diadochenperiode.

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denselben Mangel zu beklagen hatten. Dieselben Gründe, welche dort wirkten,
haben ihre Geltung auch hier. Sie beruhen darin, dass einer Seits bald nach
Alexanders Tode die höchste Blüthe der Kunst bereits vorüber war, anderer
Seits die Quellen unserer Nachrichten über die frühere Zeit meist auf die Schritt-
steller der Diadochenperiode zurückgehen, welche auf ihre eigenen Zeitgenossen
keine Rücksicht nahmen (vgl. Th. I, S. 352). Wir haben diese Umstände wegen
der Maler vielleicht weniger zu bedauern, als wegen der Bildhauer. Denn während
die Kunst der letzteren noch ein ganz neues Stadium zu durchlaufen hatte, 296
scheint die Malerei nach Alexander die einmal eingeschlagenen Bahnen kaum
noch verlassen zu haben. Sie war der Bildhauerei vorangegangen und hatte
gerade die Elemente, welche diese noch später in sich aufzunehmen hatte, be-
reits am Schlüsse der vorigen Periode für ihre Zwecke verarbeitet. Die po-
litischen Verhältnisse hatten sich nach diesem Zeitpunkte, wenn auch vielfach
äusserlich, doch ihrem inneren Wesen nach nicht geändert; Einzelnherrschaften
und Republiken bestehen neben einander; und während die Bildhauerei wegen
der materiellen Hülfsmittel, deren sie bedarf, ihre Wohnsitze zu verändern ge-
zwungen ist, lässt sich bei der Malerei kaum ein merklicher W'echsel ihrer
geographischen Verbreitung wahrnehmen. Athen freilich tritt auch hier etwas
in den Hintergrund; dagegen bewahren für Sikyon die alten begründeten Ver-
hältnisse ihre Bedeutung. In Asien finden wir, wenn auch eben so wenig wie
früher eine bestimmte Schule, doch einzelne Künstler; und nur in Rhodos scheint
durch die Blüthe der Sculptur auch ein Mittelpunkt für eine ausgebreitetem
Uebung der Malerei entstanden zu sein. Was von anderwärts her, von Aegypten,
Makedonien, berichtet wird, beschränkt sich auf vereinzelte Notizen.

Ueber die Art der technischen Durchführung wird uns eigentlich nirgends
ein Wink gegeben, wohl darum, weil sie durchaus dieselbe wie früher blieb.
Dass die Erfindung oder weitere Ausbildung der Mosaik in diese Periode fällt,
ist natürlich für die weitere Entwickelung der eigentlichen Malerei zunächst
ohne Belang, da dieser neue Kunstzweig zunächst hur rein decorativen Zwecken
diente. Auch ob die wissenschaftlichen Studien, welche für die Sculptur um
diese Zeit so hohe Bedeutung gewinnen, von Einfluss auf die Malerkunst sind,
lässt sich nirgends nachweisen, ja im Hinblick auf eine bestimmte Erscheinung
fast bezweifeln. Durch Gründlichkeit der Bildung behauptet nemlich auch jetzt
die Schule von Sikyon einen unbestrittenen Vorrang: sie allein z. B. ist es,
welche eigentlich historische Aufgaben, Darstellungen von Schlachten, noch mit
glücklichem Erfolge zu lösen versteht. Ihre Tüchtigkeit ist indessen offenbar
die Wirkung der sicheren Schultradition, nicht das Ergebniss von Studien nach
ganz neuen Richtungen hin. Wenn sie nun trotzdem das Uebergewicht über 297
alle andern bewahrte, so beweist dies zunächst freilich nur die Vortrefflichkeit
ihrer Grundlagen, zugleich aber auch indirect den Mangel an Ernst und Strenge
in den Bestrebungen ihrer Nebenbuhler. Leider sind wir ausser Stande, diese
Behauptung noch weiter und im Einzelnen durchzuführen. Denn die Nach-
richten über ihre Werke beschränken sich meist auf die blosse Angabe des
Inhaltes ihrer Darstellung, ohne auf die Charakteristik der geistigen Auffassung
irgendwie einzugehen. Im Allgemeinen scheint sich nur so viel aus ihnen zu er-
geben, dass namentlich diejenige Richtung der Kunstübung sich einer besondern
 
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