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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0226

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216

Die Architekten.

der Fall ist, von denen oft nur Copien auf uns gekommen sind. Was uns fehlt,
das sind die Nachrichten über die Individualität, die künstlerische Eigenthüm-
lichkeit dieser Meister, sowohl für sich betrachtet, als in ihrem Verhältniss zu
Vorgängern, Zeitgenossen und Nachfolgern; und dieses Pehlen ist ein so durch-
gängiges und allgemeines, dass es seine vollständige Erklärung erst durch das
Zusammentreffen äusserer Umstände und der oben angedeuteten inneren Ver-
hältnisse zu finden vermag. Diese letzteren aber haben ihre Wirkung noch bis
auf den heutigen Tag nicht verloren: die neuere Wissenschaft hat in ihren
Forschungen über alte Architektur ihr Augenmerk vorzugsweise und fast aus-
schliesslich dem systematischen Theile zugewendet. Sie hat nach den Gesetzen
und Principien der verschiedenen Bauordnungen geforscht, unbekümmert um
die Persönlichkeilen, welche dieselben zuerst festgestellt haben. Wenn nun
aber die Untersuchung des historischen Entwickelungsganges die nothwendige
Ergänzung hierzu bildet, so wird doch auch diese zuvörderst, wieder von den
Monumenten selbst auszugehen haben; und erst zuletzt, wenn die sachliche
Ergründung zu einer gewissen Reife gediehen ist, wird es sich als Schluss-
321 aufgäbe herausstellen, in den einzelnen Werken auch das Walten der einzelnen
Individualität nachzuweisen und nachdrücklicher hervorzuheben.

Die Aufgabe, welche wir uns hinsichtlich der Architekten hier zu stellen
haben, ist demnach eine wesentlich andere als diejenige, welche wir bei den
Bildhauern und Malern verfolgt haben: sie kann ihrer Natur nach nur vor-
bereitender Art sein, und beruht also zunächst darin, das Material zu sammeln
und kritisch zu sichten. Bei diesem Beginnen ist es freilich nicht immer leicht,
hinsichtlich des Aufzunehmenden eine bestimmte Grenze zu ziehen und dieselbe
überall consequent einzuhalten. Die Nachricht über das Werk hat, streng ge-
nommen , allerdings auch eine Beziehung zu dem Urheber desselben. Allein
häufig ist dieselbe durchaus indirecter Natur; und die Nachricht selbst hat zu-
nächst nur Werth für die monumentale Forschung. Es muss daher im All-
gemeinen an dem Grundsatz festgehalten werden, nur dasjenige der Betrachtung
zu unterwerfen, was über die Persönlichkeit des Urhebers irgendwie ein näheres
Licht zu verbreiten geeignet scheint. Die Anordnung dessen, was auf diesem
Wege für einen Jeden gewonnen wird, kann aus praktischen Gründen nur eine
üusserliche sein, nemlich die eines alphabetischen Verzeichnisses. Denn die
Untersuchung muss sich überall noch zu sehr in Einzelnheiten zersplittern, als
dass die historischen Resultate allgemeinerer Art, welche sich allerdings auch
hierbei schon zuweilen ergeben, die Masse des Stoffes in der Weise zu durch-
dringen und zu beleben vermöchten, um als leitendes Prinzip für die Anordnung
in den Vordergrund zu treten. Sollen sie überhaupt nicht unter der Masse des
Details verschwinden, so müssen sie auch in der äussern Darstellung davon
getrennt werden. Freilich kann dies nur in durchaus anspruchsloser Weise ge-
schehen, indem sie einzig nach allgemeineren Grundsätzen übersichtlich geordnet
werden, zunächst ohne Rücksicht darauf, ob sich eine solche Zusammenstellung
später nach allen Seiten hin bewähren wird. Ohne Nutzen wird aber auch die
Verfolgung eines in dieser Weise beschränkten Zieles nicht sein, indem die
weitere monumentale Forschung um so mehr an Zuverlässigkeit gewinnen muss,
je vielfältiger ihr Gelegenheit geboten wird, ihre eigenen Ergebnisse an That-
 
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