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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0274

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264

Die Architekten:

weit seine Schriften darüber Auskunft geben. Praenomen und Cognomen des
Vitruv wird in den meisten und ältesten Handschriften gar nicht angegeben.
In den spätem schwankt das Praenomen zwischen M., G. und L.. so dass eine
Entscheidung nicht wohl möglich ist. Als Cognomen findet sich einigemal Cerdo:
doch mag dasselbe daher entstanden sein, dass man die veroneser Inschrift eines
Architekten L. Vitruvius Cerdo (s. u.) kannte und auf unsern Schriftsteller über-
trug, der aller Wahrscheinlichkeit nach Pollio hiess. Zwar bieten dieses Cog-
nomen ausser den ältesten Ausgaben auch nur einige junge Handschriften; aber
da er dasselbe in dem Compendium architecturae führt, von welchem wir eine
Handschrift aus dem 8.-9. Jahrhundert besitzen, so darf es wohl als hinläng-
lich gesichert betrachtet werden. Dagegen mögen wir die Bezeichnung von

392 Verona als seiner Vaterstadt in einer spätem Handschrift wieder auf Rechnung
der veroneser Inschrift setzen. — Die Zeit des Vitruv ergiebt sich zuerst daraus,
dass er dem Augustus sein Werk dedicirt hat und zwar nach der Schlacht bei
Actium (723 d. St.), als seine Macht schon hinlänglich gesichert war und er
den Werken des Friedens seine Aufmerksamkeit zuwenden konnte: 1, praef.
Bestätigt wird dies durch die Thatsache, dass Vitruv mit der von ihm erbauten
Basilica zu Fano einen Tempel des Augustus verband (V, 1, 7), was vor der
Alleinherrschaft desselben nicht hätte geschehen können. Zu genauerer Bestim-
mung dient sodann, dass Vitruv (III, 3, 2) das Theater des Pompeius kurzweg
das steinerne nennt. Dies war nur möglich vor dem J. 74 l d. St., indem damals
zwei andere, das des Baibus und das des Marcellus, ebenfalls aus Stein vollendet
waren. Als aber Vitruv dem Kaiser sein Werk dedicirte, war er ein ältlicher Mann
(11, praef. 4). Früher mit M. Aurelius, P. Numisius und Cn. Cornelius bei der
Verfertigung der Kriegsmaschinen angestellt, hatte er auf Verwendung der
Schwester des Kaisers eine lebenslängliche Pension erhalten (1. praef. 2 u. 3).
Sein Geburtsjahr wird sich demnach etwa zwischen 670 und 680 der Stadt an-
setzen lassen, womit vollkommen übereinstimmt, dass er noch dem Caesar per-
sönlich bekannt (I. praef. 2) und mit Varro, Cicero und Lucrez umgegangen
war (IX, praef. 17), welcher letztere in den ersten Jahren des siebenten Jahr-
hunderts starb.

Auf Vitruv hat man auch eine bei Baiae gefundene Inschrift beziehen
wollen:

VITRVV10
ONI. ARCH
1IVS CLASSIC
HG. B. M

Mommsen J. R. N. 2665. Allein Mommsen bemerkt, dass hier nicht ARCHi-
tectus, sondern ARGIIigubemus zu ergänzen ist.

L. Vitruvius Cerdo
war der Architekt des erst im Anfange dieses Jahrhunderts abgebrochenen
,.Arco de' Gavj" zu Verona, eines in Form eines Triumphbogens aufgeführten

393 Grabmonuments der Familie der Gavier. Die auf ihn bezügliche, auf drei Seiten
wiederholte Inschrift lautet:

L. VITRVVIVS. L. L. CERDO
ARCH1TECTVS
 
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