Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0328

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
318

Die Gemmenschneider.

dagegen erwecken, ob in der Anwendung überall das richtige Maass innegehalten
worden ist, ein Misstrauen, dem sich selbst Köhlers Herausgeber, Stephani,
nicht ganz hat entziehen können; obwohl er sich sonst fast durchgängig als
dessen Verehrer und Bewunderer zu erkennen giebt.

Die Aufgabe, welche zunächst zu lösen war, kann hiernach nicht zweifel-
haft sein. Es kann sich nicht darum handeln, schon jetzt aus unsicheren Ele-
menten eine Geschichte der Steinschneider zu entwerfen, sondern nur, uns dieser
Elemente selbst zu versichern. Das gesammte, von verschiedenen Seiten bei-
gebrachte Material war nach den oben entwickelten Grundsätzen einer erneuten
und umfassenden Prüfung zu unterwerfen. Aber selbst diese Aufgabe Hess sich
für den Augenblick nicht einmal in ihrem vollen Umfange lösen. Manche Frage
ist nur durch eine Prüfung der an den verschiedensten Orten zerstreuten Ori^-
ginale zu entscheiden; manche andere nur durch specielle Kenntniss der Technik,
des Materials u. s. w., von denen ich offen bekenne, dass ich sie nicht besitze.
Wenn daher keine vollständig abschliessende Untersuchung möglich war, so
musste mein Augenmerk hauptsächlich auf zwei Punkte gerichtet sein: nämlich
innerhalb gewisser Grenzen eine feste Grundlage zu gewinnen und ferner das
gesammte Material in der Weise übersichtlich zu ordnen, dass dadurch ein Ein-
blick in den Stand der einzelnen Fragen möglichst erleichert und die Auf-
466 merksamkeit anderer Forscher auf die Punkte gelenkt werde, welche erneuter
Prüfung besonders bedürftig sind. Zu diesem Zwecke erschien es angemessen
(abgesehen von den wenigen schriftlichen Nachrichten des Alterthums über
Steinschneider), die durch Inschriften bekannten Namen in drei Abtheilungen
zu sondern, und zwar in der ersten diejenigen zu behandeln, welche uns durch
eine echte Inschrift überliefert und mit Sicherheit auf einen Künstler zu be-
ziehen sind. Den Gegensatz hierzu bilden die Namen, welche nur auf Fäl-
schungen beruhen, oder, wenn echt, doch auf keinen Fall einen Künstler be-
zeichnen können. In die Mitte zwischen diesen beiden Klassen endlich stellen
sich diejenigen, deren Echtheit oder Unechtheit noch nicht hinlänglich bewiesen,
oder deren Bedeutung als Künstlermschrift noch zweifelhaft ist. Da die Ent-
scheidung über echt und falsch möglichst streng nach dem objectiven That-
bestand, nicht nach subjectivem Ermessen zu fällen war, so musste natürlich
die mittlere Kategorie des Zweifelhaften zu einem verhältnissmässig grossen
Umfange anwachsen, der sich jedoch bald wieder vermindern wird, sobald nur
diejenigen, denen die Hülfsmittel zu Gebote stehen, auf diese Abtheilung ihr
Augenmerk richten wollen. Häufig wird der Anblick eines Abdruckes oder selbst
einer Abbildung, die mir nicht zu Gebote standen, zu einer Entscheidung ge-
nügen. In anderen Fällen handelt es sich um die Prüfung eines einzelnen
Steines im Original. Nach Beseitigung dieser durch einfache Beobachtung zu
erledigenden Fälle wird nur eine geringe Anzahl von Fragen übrig bleiben
(wie z. B. über die Bedeutung der römischen Vornamen), welche eine principielle
Entscheidung erfordern, aber nach Abschluss der Detailuntersuchungen wahr-
scheinlich auch ohne Schwierigkeit erhalten werden. Erst dann wird sich der
Versuch, aus dem so gesichteten Material einigen Nutzen für die Geschichte
der Steinschneidekunst zu ziehen, mit Aussicht auf günstigen Erfolg unter-
nehmen lassen.
 
Annotationen