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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Riehl, Berthold: Albrecht Dürer: ein deutscher Meister christlicher Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0041

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ALBRECHT DÜRER EIN DEUTSCHER MEISTER CHRISTLICHER KUNST
Von Dr. BERTHOLD RIEHL")
Schluß

In der Tribuna
der Uffizien
hängt zwischen
Meisterwerken,
die beabsich-
tigen, glänzend
die Malerei Ita-
liens, der Nie-
derlande und
Deutschlands zu
vertreten, ein be-
scheidenes Bild-
chen Dürers, die
Anbetung der hl.
drei Könige von
1504. Gerade in
dieser glänzen-
den Umgebung
wirkt das schlichte Werk besonders an-
ziehend. Immer wieder kehrt man zu ihm
zurück, es ist so liebevoll gemalt und zwar
nicht nur, weil der Maler hier keine Mühe
scheute, mit größter Sorgfalt und Freude ans
Werk ging, sondern weil alles auch so fein
durchgefühlt ist, daß es uns kündet, wieviel
ein deutsches Gemüt in eine hübsche Land-
schaft und Ruine, in das traute Zusammen-
sein einer glücklichen Familie legen kann.
Wie anmutig ist das Mutterglück in Maria
ausgesprochen, wie reizend ist das nette Kind-
chen, das mit dem Golde spielt, das ihm der
greise König darbietet. Das Bild wirkt in
der glänzenden italienischen Sammlung wie
ein Gruß aus der lieben deutschen Heimat,
aus dem trauten, deutschen Wald. (Abb. S. 26.)
1506 war Dürer in Venedig und wir wissen
aus seinem Briefwechsel mit Willibald Pirk-
heimer in Nürnberg, daß er im Auftrage des
deutschen Kaufhauses, des fondaco dei tedeschi,
das Rosenkranzbild malte, das sich jetzt im
Strahowkloster in Prag befindet. Aus den
Briefen an Pirkheimer geht auch klar hervor,
daß sich Dürer des Wettstreites mit der
italienischen Kunst voll bewußt ist. Er will
den Italienern, die sagen, er könne zwar

A. DÜRER KAISER MAXIMILIAN
Holzschnitt


x) Stenogramm der auf der X. Generalversammlung
der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst ge-
haltenen Festrede. D. R.

stechen, aber nicht malen, zeigen, daß er
auch ein Maler, und als das Gemälde voll-
endet war, gestehen sie ein, daß sie schönere
Farben nie gesehen hätten, er aber schrieb
stolz auf das echt deutsche Bild: Albertus
Durer Germanns.
Zu Füßen der Maria sitzt der Laute spielende
Engel, gerade in ihm sah man ein Zeichen
des Einflusses der venezianischen Kunst auf
Dürer. Allerdings erinnert uns dieser Engel
an das feine Verständnis Dürers für die
zarte, stimmungsvolle Kunst seines Freundes
Giovanni Bellini, aber was er uns sagen will,
ist doch etwas wesentlich anderes; deshalb
kann auch zwar von Anregungen Bellinis
auf Dürer, nicht aber von irgend einem maß-
gebenden Einfluß die Rede sein.
Gerade für den Gegensatz deutscher und
O
italienischer Kunst ist der Hymnus auf Maria,
den das Rosenkranzbild bringt, höchst be-
zeichnend. Maria sitzt in einer schönen,
reichen Landschaft. Die zarte, innige und
sinnige Jungfrau ist ein echt deutsches Ideal
und ein deutscher Zug ist es auch, daß Dürer
die größte Verherrlichung der Jungfrau darin
sieht, daß sich an sie in innigem vertrauens-
vollem Gebete die Vertreter derverschiedensten
Stände wenden, die hier still beseligt knien
mit Papst und Kaiser an der Spitze.
In demselben Jahre, 1506, entstand das
kleine, aber köstliche Bild des Gekreuzigten,
das die Dresdener Galerie bewahrt. Die
tiefe, schwermütige Stimmung des Bildes legt
venezianische Anregungen nahe, ich will sie
auch nicht in Abrede stellen. Man darf aber
auch nicht vergessen, wie stimmungsvoll
Dürer bereits vor der venezianischen Reise,
nämlich 1504, in der grünen Passion die
Kreuzigung darstellte und daß die Haupt-
anregung zu diesem Bilde offenbar die großen,
geschnitzten Kruzifixe boten, wie sie in den
deutschen Kirchen, besonders vom Triumph-
bogen herabhingen, von denen sich in Franken
und auch in Bayern noch manche erhielten.
Der ganze Stil von Dürers Christus am Kreuze
wird durch diese Kruzifixe bedingt, auch das
Empfinden, soweit es nicht sein persönlichstes
Eigen. Vollkommenes Dunkel ist hereinge-
brochen, nur ein schmaler Lichtstreifen er-

Die christliche Kunst. I. 2. November 1904.

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