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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Fäh, Adolf: Kunsthistorische Wanderungen durch Katalonien
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0301

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GESAMTANSICHT VON GERONA


KUNSTHISTORISCHE WANDERUNGEN DURCH KATALONIEN
Von Dr. AD. FÄH
II. GERONA

Gerona bildet für den am Ufer des Mittel-
ländischen Meeres sich nahenden Kunst-
freund das stolze Eingangstor Kataloniens,
Spaniens überhaupt. Dieses erweitert sich
dem Auge des Historikers selbst zur glänzen-
den Triumphpforte. An ihrer Stirne leuchten
Namen, die auf zwei der hohen Verdienste
der pyrenäischen Halbinsel hinweisen: Karl
der Große und Mariano Alvarez. Der erste
Name erinnert an die Kämpfe gegen die
Mauren, in denen Spanien sich zum schützen-
den, blutgetränkten Bollwerk für Europa er-
hoben hat. Alvarez verteidigte Gerona 1809
heldenmütig gegen die Franzosen. Verfiel er
auch infolge von Überanstrengung geistiger
Umnachtung, in Samaniego fand er einen
würdigen Nachfolger. Selbst die Frauenwelt
der Stadt empfing in diesen Wirren mutvoll
ihre Bluttaufe. Von den 35000 Franzosen
blieben 15000 Mann als Opfer der Belagerung.
Heute erinnert Gerona vielfach an Pisa.
Es ist im Vergleiche zu ihrer Vergangenheit
eine tote Stadt. Einst war sie Sitz einer Uni-
versität, umschlossen vom starken Festungs-
gürtel; der Kronprinz von Aragonien führte
den Ehrentitel »Principe de Gerona«. Gegen-
wärtig zählt die Stadt noch ca. 15000 Ein-
wohner, malerische Ruinen verfallener Türme

und Mauern erinnern nur noch an die ein-
stige Bedeutung dieser Stätte.
Dennoch blüht und grünt es frühlingsfrisch
in der Altstadt, die sich am Flusse Galligans
amphitheatralisch aufbaut, stolz bekrönt vom
gotischen Bau der Kathedrale. Keine Stadt
Kataloniens zeigt im Verhältnis zu ihrer Größe
eine solche Fülle von Kunstdenkmälern. Sie
weckt diesbezüglich Erwartungen für das
ganze Land, die uns einige Enttäuschungen
bereiten müssen.
Durch Gassen und Gäßchen eilen wir
unserm Hauptziele, der Kathedrale, entgegen.
Ihr Äußeres imponiert einzig durch die herr-
liche Lage, die Gliederung verspricht nicht
viel, am wenigsten das Massiv des Turmes
mit seinem späten Aufbau. An die Haupt-
fassade drängte sich gar der Rokoko, vorteil-
haft in einer gewaltigen Treppenanlage, nichts-
sagend und kleinlich mit dem Dekorations-
stücke, das er der gewaltigen Mauerfläche
aufklebte. Nicht viel bedeutender ist das
Seitenportal, die puerta de los Apostolos.
Das Provisorium der Apostelfiguren in Terra-
kotta auf Konsolen haben vierundeinhalb Jahr-
hunderte in ehrfurchtsvoller Scheu belassen.
Aber einen wahren Triumph der Gotik kenn-
zeichnet der Innenraum. Das Hauptschiff

Die christliche Kunst.

12. 1. September 1905.

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