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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Schmidkunz, Hans: Die große Berliner Kunstausstellung 1904
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Lasser, Moritz Otto von: Das Ölbild als Wandschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0115

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SW DAS ÖLBILD ALS WANDSCHMUCK WöT

95


XAV. MÜLLER DER WALLFAHRER
Ausstellung in Regensburg 11)04

nur durch seine prak-
tische Tätigkeit, son-
dern auch durch seine
mannigfachen wissen-
schaftlichen Bestre-
bungen , ältere Epo-
chen der Baukunst,
insbesondere der mit-
telalterlichen, zum
besseren Verständnis
zu bringen.
Die kirchliche Bau-
kunst war reichlich
vertreten. Dem Na-
men Otzen gebührt
jedenfalls ein Vor-
rang, u. a. durch seine
»St. Annenkirche in
Elbing«.
Noch hat der pro-
testantische Kirchen-
bau das Seinige nicht
ganz gefunden; um so
interessanter ist ein
Einblick in die Wege,
auf denen er suchend
vorwärts schreitet. Ins-
besondere gilt es da-
bei den allmählichen
Übergang vom Lang-
bau zum Breitbau —
wenn wir uns dieser
abkürzenden Aus-
drücke bedienen wol-
len ; und jener Wider-
spruch in der For-
mung der Seitenteile
kann ebenfalls als ein
Teil dieser Entwick-
lung gelten.

DAS ÖLBILD ALS WAND-
SCHMUCK
Die Aufschrift, die wir für unseren Essay
wählten, mag für den ersten Moment
etwas sonderbar anmuten. Es scheint ja selbst-
verständlich, daß ein Gemälde die Wand nicht
verunzieren soll. Allein dagegen läßt sich
einwenden, daß der Ölmalerei nicht immer
eine bloß schmückende Rolle zufällt; ich er-
innere beispielsweise an das religiöse Gemälde
der Kirche, an das Bild der Galerie, des Mu-
seums. Wenn wir also vom Ölgemälde auch
als Wandschmuck reden, so sind wir dazu
berechtigt, und wir glauben zu einem heute
sehr im Vordergründe stehenden Thema
Stellung zu nehmen, wenn wir uns im fol-
genden über die dekorativen Qualitäten
des Ölgemäldes verbreiten. Herrschen doch
im Hinblick aufWandschmuck oft nicht das
Wesen der Sache erfassende Ansichten. Unter
anderem nahm man und nimmt man einfach
an, in jedes Zimmer gehören so und soviele

Bilder. Das ist nun ganz falsch gedacht.
Erstens nicht jeder Raum braucht ein Bild.
Es kann Räume geben und es gibt solche,
die eines Bildes zum mindesten entraten
können. Wo man also ein Bild nicht ver-
mißte, werde keines eingefügt. Zweitens,
man hüte sich ängstlich, vor einem Zuviel
an Bildmaterial. Speziell in Bezug auf das
Ölgemälde gilt dies, wie wir gelegentlich noch
sehen werden. Drittens, mit dem Aufhängen
irgend eines Bildes ist noch gar nichts getan;
sodl es wirklich seiner eigentlichen Bestimmung
gerecht werden können, so muß es von der
Hand eines ersten, eines echten Künstlers
herrühren. Das kann freilich nicht jedermann
erwerben; es ist aber auch nicht nötig. Denn
ein paar Schilfhalme, eine schöne Blattpflanze,
einige leuchtende Muschelschalen, ein aus-
gestopftes Tier, eine Vase, japanische Erzeug-
nisse, kurz andere Dinge tun oft in einem
Raum bessere Dienste, als ein schlechtes Öl-
bild. Aus diesen Zeilen geht schon hervor,
wie wir ein Gemälde im Wohnraum u. s. w.
verwertet sehen möchten: es sei, ebenso wie
die Plastik, der letzte, erlesenste kostbarste
Schmuck eines Gemachs.
Früher wurde es auch mehr in diesem
Sinne aufgefaßt. Und in der Tat: schon die
Technik der Ölmalerei zwingt zum Nach-


C. BERMANN

MARMORBÜSTE : PROF. EM. VON SEIDL
Sezession München 1904
 
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