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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Beilage zu "Die Christliche Kunst", I. Jahrgang
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Nr. 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0385

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BEILAGE ZU »DIE CHRISTLICHE KUNST«, I. JAHRGANG, HEFT u, i. AUGUST 1905. '

I

GROSSE
BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG 1905
Von Dr. HANS SCHMIDKUNZ (Berlin-Halensee)
(Fortsetzung)
Eines der umfangreichsten Gemälde der Ausstellung
ist »Der Dombau« des Berliners A. Schlabitz, in
Triptychonanordnung: links der Meister mit den Seinigen
beim Entwurf, in der Mitte die Anfuhr eines Turm-
stückes, rechts eine engelhafte Gestalt, welche die
Altarlichter entzündet. Das Bild gehört zu denen, die
man kurzweg »gewollt« nennen darf; doch sei das
Maß von innigem Ausdrucke, das hier erreicht ist, nicht
verkannt.
Wiederum zu kirchlichen Interieurs führt uns eine
Federzeichnung von H. Seydel, darstellend eine Seiten-
kapelle von St. Marco. Unter den später zu erwähnen-
den Städtebildern u. dgl. von Skarbina beschäftigen
sich einige auch mit Kirchlichem, wobei die »Kirche
in Dinkelsbühl« hervorgehoben sei. Viel Aufsehen
machen wohl die sozusagen mythologischen Bilder
von F. Stassen, darunter »Der Baum der Erkenntnis«.
Einen »Gottesacker« bringt der schon erwähnte
F. Türcke, eine »Anbetung« E. Uhl. Viel Kunst
liegt in der Lithographie von H. Volkert, welche auf
zwei Blättern virtuos, aber mit entschiedenem Ernst
eine Kreuzigung darstellt. Eine »Legende« malt
W. Wir kn er. Die Zeichnung von M. Wulff »Heilige
Nacht« mit der Inschrift »Es ist ein Ros entsprungen«
kommt zwar auch nicht über mehr äußerliche Auf-
fassung hinaus, gehört aber jedenfalls zu den beachtens-
wertesten Stücken. Als eindrucksvoll seien zuletzt noch
die »Orientalischen Mönche« von E. Zairis genannt.
Wir haben hier aus Malerei und Graphik die in der
angedeuteten Weise religiösen Bilder vorweggenommen,
werden jedoch die religiösen Plastiken usw. erst im
späteren erwähnen. Einstweilen sei die Gesamtheit
der sonstigen Gemälde so gedrängt wie möglich
überblickt; liegt doch in ihnen nicht der Hauptwert
der Ausstellung!
Ein günstiger Griff der Ausstellungsdirektion war eine
noch rundere Vorführung von einzelnen Gruppen, als
dies schon in den Vorjahren der Fall gewesen. Dabei
fehlen die Ausländer, einschließlich der Österreicher,
fast ganz, ausgenommen den Größten von diesen: Rudolf
Alt. Mit allem Recht ist eine lange Reihe von Aqua-
rellen dieses unvergeßlichen Sehers unter den bildenden
Künstlern zusammengestellt, und zwar wohl aus allen
seinen Perioden. Neben österreichischen Intimitäten
finden wir hier auch zahlreiche orientalische Stücke.
Von jenen Gruppierungen kommt viel der Stadt Berlin
und der Brandenburgischen Mark zugute. Zwar nicht
zu einer eigenen Kollektion hat es R. Eschke gebracht;
doch seine Spreebilder gehören zum Wertvollsten der
Ausstellung. Vereinzelt beteiligen sich auch H. Lessing
und K. Lessing an der märkischen Landschaftskunst;
Altberliner Studien bringt K. Schmauser. Sodann aber
führen uns in die Welt der letzteren zwei große Kol-
lektionen ein: die mehr altertümliche von I. Jacob und
die mehr moderne von F. Skarbina, dessen Ölgemälde,
Aquarelle und Gouachen sowie Pastelle im übrigen ihren
Inhalt sehr weit spannen. Dagegen tritt I. Jacob (ge-
boren 1842) ganz eigens als der Entdecker des intimsten
Berlin auf, mit besonderer Vorliebe für schwierige Partien,
wie Treppenaufgänge, Kircheninterieurs usw.
Über W. Hamacher, von dem zahlreiche Land-
schaften zusammen ausgestellt sind, wird verschiedent-
lich geurteilt; jedenfalls ist er sozusagen ein Spezial-
künstler des Wassers. Bereits in längerem und höherem
Ansehen steht H. Herrmann (geboren 1852), der den
Kreis seiner Landschaften aus Holland usw. mehr

sind
Karls-

und mehr aus-
dehnt. Er ver-
fügt jedenfalls
über beson-
ders feine Far-
bentöne. Sozu-
sagen einMaler
des Himmels
ist der schon
erwähnte G.
Kamp m a nn
(geb. 1859),
von dem mehr-
fache Land-
schaften ver-
einigt ausge-
stellt
(Schule
ruhe).
A. Volk-
mann (ge-
boren 1851)
war von Dres-
den und Berlin
ausgegangen
und sodann in
Rom unter den
Einfluß von H. Maries gekommen, über den das 12. Kapitel
in Schacks Galeriebuch handelt, und der in den letzten
Jahren wiederum Würdigung gefunden hatte. Geklagt
wird über den »akademischen« Ton in Zeichnungen und
Farbe der Volkmannschen Gemälde; wohl mit Recht,
trotz der Achtung, die einem schlichten Ernste gebührt.
Etwas lebendiger sind Volkmanns gleich hier zu er-
wähnende Plastiken; die Ganzstücke mit einigem Farben-
ton, die Reliefs ungetönt und vielleicht das Beste.
Eine eigene Kollektion würde H. Kohnert verdient
haben. Geboren 1858, vor kurzem zum Schmerze der
ihn anerkennenden engeren Kenner gestorben, war er
ein besonderer Künstler der (norddeutsch-) landschaftlichen
Originalradierung. Drei Landschaftsgemälde von ihm
verdienen hier besondere Beachtung, und drei Radierungen
ergänzen sie.
Die bekannten Münchener Gruppen erscheinen dies-
mal wiederum in geschlossenen Reihen. Am meisten
Aufmerksamkeit unter den Kollektionen finden die »Eibier«,
d. h. Dresdener. Sie zeichnen sich durch eine, jeden-
falls bei Deutschen eher als bei Romanen mögliche
Wuchtigkeit der Farbenwirkung aus. Als einen Haupt-
vertreter von ihnen nennen wir F. Dorsch, der z. B.
das Thema »Im Seidenkleide« zu der eben erwähnten
Bestrebung benützt hat und im übrigen durch sein Bild
»Die Schumannsche Träumerei« in anderer Weise wirkt.
Eine ähnliche Eigenschaft des »Farbendicken« zeigen
allerdings auch andere Maler, wie z. B. M. Gosselmann
und R. Hendorf. Hier seien noch die Zeichnungen
des Berliner G. Hartig erwähnt, teils weil sie u. a.
Dresdener Themen haben, teils weil ihre gelbbraune
Farbe auch nicht gerade ein Beispiel für besonderes
Feingefühl des Kolorites ist. Nicht der Gruppe nach,
aber dem Wirkungsorte nach würde an die Seite der
Dresdener der eigenartige W. Waentig gehören, über
den unser gleichzeitiger Berliner Kunstbrief berichtet. —
Die Düsseldorfer bilden ebenfalls eine Gruppe mit
viel Genre.
Von den wenigen Ausländern sei im voraus neben
dem schon bekannten H. W. Mesdag aus dem Haag
mit seinen Scheveningener Bildern der Madrider Sorolla
y Basti da erwähnt, namentlich wegen seines land-
schaftlich komponierten Gemäldes »Bildnis meiner Frau«.
Den größten Umfang einzelner Stücke und einen
großen Umfang in der Zahl der Stücke nehmen die

AVIGNON VOM PALAST DER PÄPSTE
(Vgl. S. 243)
 
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