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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Patzak, Bernhard: Die deutschen Künstler Böhmens auf der LXVI. Jahresausstellung im Rudolfinum zu Prag
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Düsseldorfer Kunstbericht: Pfingstausstellung des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0314

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278

WW VON DER LXVI. JAHRESAUSSTELLUNG IN PRAG


LUDWIG DASIO FLORA (bronze)
IX. Internationale Kunstausstellung in München i<)Oj

volles Schicksal tastete mit roher Faust vernichtend an
das Glück einer Künstlerfamilie. Der Tod entriß dem
liebenden Weibe den hoffnungsvollen Gatten. Die schöne,
junge Frau steht nun mit ihrem Kinde allein und ver-
lassen auf der Welt; fassungslos läßt sie die unbarm-
herzigen Rutenschläge des Schicksals über sich ergehen.
Im Vorzimmer des vordem so friedlichen und trauten
Heims waltet der Auktionator mit seinen Schreibern
seines Amtes vor einem gleichgültigen, Maulaffen feil-
haltenden Publikum, das der Versteigerung des Haus-
rats beiwohnt. Die nun mit einem Schlage bettelarme
Witwe hat sich ins Schlafgemach, in das Heiligtum
ihrer jungen Ehe, geflüchtet. Sie hat geweint. Das
sieht man ihren dunkelumrandeten Augen an. Schmerz-
lich bewegt, starrt sie auf das Himmelbett, das nun
auch hinausgeschafft werden soll, um in fremden Besitz
zu gelangen . . . Ihr herziger Bube im Hemdchen,
der nichts von all dem Treiben versteht, drängt sich
scheu an den Schoß der Mutter. Max scheint besonders
Tizians Malweise studiert zu haben Bedeutende Bild-
nisse wie »Floience«, »Goldeise« und »Traviata« weisen
darauf hin. Das letztere fesselt besonders durch den

feinfühlig nachempfundenen wehmutsvollen Stimmungs-
zauber eines Krankenzimmers, in welches das leuchtende,
sprossende Leben des Sommers in Gestalt eines Blumen-
straußes einen bedeutungsvollen Gruß gesandt hat.
Unter den wenigen Plastiken, welche aber der Aus-
stellung im großen und ganzen zur Zierde gereichen,
ragt Karl Wilferts ausdrucksvolle Marmorschöpfung
»Schmerz« hervor. Als ein Bildhauer ersten Ranges
aber trat mir Franz Metzner entgegen, der sich zum
ersten Male auf der Frühjahrsausstellung der Wiener
»Sezession« vom Jahre 1903 durch eine reichhaltige
Kollektion seiner Werke weiteren Kreisen vorstellte.
Auch durch mehrere Denkmalskonkurrenzen ist der
Name Metzner in jüngster Zeit viel genannt und ge-
läufiger worden. Daß der in den fruchtreichsten Mannes-
jahren stehende Künstler, dessen Schöpfungen sich durch
gedankenwuchtige Auffassung und meisterhafte Tektonik
auszeichnen, zu den besten Bildhauern unserer Zeit zu
rechnen ist, hoffe ich demnächst in einer ausführlicheren
Würdigung seines bisherigen Schaffens zu erweisen.
Graz Dr. Bernhard Patzak

DÜSSELDORFER KUNSTBERICHT
Pfingstausstellung des Kunstvereins
für Rheinland und Westfalen
Non est sui iuris ars, cui precarium fundamentum est.
Die freie Kunst darf sich nicht auf Gnade angewiesen
fühlen. (Seneca)
Als der Düsseldorfer Peter von Cornelius die alte,
1777 gegründete kurfürstliche Akademie im Jahre 1819
unter preußischer Herrschaft gleichsam neubegründet und
kraft seines Ruhmes und seiner Persönlichkeit den Boden
für eine hochideale und fruchtbare Kunstentwicklung
vorbereitet hatte, dann aber 1826 nach München über-
siedelnd, das Direktorat dem Berliner Wilhelm von
Schadow überlassen hatte, kam im Zusammenhänge
mit dem leichterklärlichen starken Zuzug von Osten
her eine störende Beunruhigung in die akademische
Einheit, die sich für eine künstlerische, aber auch für
eine rheinisch-westfälische ansehen zu müssen
glaubte. Dieser letztere Charakter schien eine starke
Stütze bekommen zu sollen, als im Jahre 1829 der
Kunstverein für Rheinland und Westfalen ge-
gründet wurde mit dem ausgesprochenen Zwecke, »daß
er I. die vorzüglicheren W7erke der Kunstschule zu
Düsseldorf und derjenigen Künstler, welche ihre Arbeiten
zur Ausstellung, Prüfung und Wahl einsenden werden,
ankauft; davon aber a) diejenigen Kunstwerke, welche
für den Privatbesitz als eine willkommene, anmutige
Zierde sich eignen, unter seine Mitglieder ver-
lost; b) den Kunstwerken, welche, weniger oder nicht
für den Privatbesitz geeignet, im öffentlichen Leben
eine bedeutungsvollere Stelle finden möchten, eine
öffentliche Bestimmung gibt; daß er 11. nach
Verhältnis seiner Mittel Bestellungen auf Kunstwerke
für jede Art des Bedürfnisses im öffentlichen Leben
erteilt; auch die H erstellung und Erhaltung älterer
öffentlicher Kunstdenkmale befördert und unterstützt«.
Der Verein trat mit vielversprechender Kraft in Leben und
Tätigkeit; hatte er doch schon im ersten Jahre seines
Bestehens eine Einnahme von mehr als 33o<oM., (un-
gefähr ebensoviel als er jetzt zum Ankauf von Kunst-
werken für die Verlosung verwendet) und kamen in
den ersten Ausstellungen schon je 100 bis 200 Bilder
zur Ausstellung. Aber die engen Beziehungen zur da-
maligen Akademie brachten es mit sich, daß die
Voraussetzungen und Richtungen und Neigungen der
rheinisch-westfälischen Künstler sich vielfach ee-
 
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