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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Beilage zu "Die Christliche Kunst", I. Jahrgang
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Nr. 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0345

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BEILAGE ZU »DIE CHRISTLICHE KUNST«, I. JAHRGANG, HEFT 6, i. MÄRZ 1905 I

VOM KÖLNER DOME UND SEINER
UMGEBUNG
Von Architekt Franz Jakob Schmitt in München
rye erzbischöfliche Metropolitankirche der Kölner Kur-
fürsten war ehedem eine romanische, dreischiffige
Säulenbasilika mit zwei Querschiffen, einem St. Peters-
Ost- und einem St. Marien-Westchore; sie hatte zwei
gewölbte Säulenkrypten, vier Türme und zwei Vierungs-
kuppeln, war somit ein mit den drei Domen des Mittel-
rheines, St. Martin-Mainz, St. Peter-Worms und St. Maria-
Speyer rivalisierender Monumentalbau. Auf seiner Süd-
ostseite lag des Erzbischofes Palast mit der St. Johannes
dem Evangelisten und St. Thomas dem Apostel ge-
weihten Doppelkapelle. Nächst dem Heiliggeisthospitale
an der Südseite befand sich unter einer dreijochigen
offenen Vorhalle das Hauptportal des Domes; die Nord-
seite enthielt den gewölbten Kapitelsaal und den Kreuz-
gang mit der Pfarrkirche St. Maria zum Pesch, die Sakri-
stei, die Bibliothek und seit 1525 die neuerrichtete »Schule
der Gottheit«. Vor der Ostseite des Domes stand die 1085
geweihte, doppelchörige Kollegtatstiftskirche St. Maria
zu den Staffeln, welche im Jahre 1817 bedauerlicher-
weise zerstört worden ist. Stände noch dieses inter-
essante Gotteshaus romanischen Baustiles und ebenso
der gewölbte Kapitelsaal, in welchem Sulpiz Boisseree
im Jahre 1811 der Kaiserin Marie Louise seine Dom-
aufnahmen zeigte, aufrecht, so könnte heutzutage nicht
über die trostlose Kahlheit der nächsten Umgebung der
erzbischöflichen Metropolitankirche geklagt werden. Er-
hob sich doch auch an der Westseite des Kölner Zen-
tralbaues St. Gereon ein wertvoller Kreuzgang spätroma-
nischen Stiles, er wurde 1821 leider niedergerissen, um
dem in der Nähe kasernierten Militär einen Exerzier-
platz zu beschaffen. Gehe man nach Sens und be-
wundere die dem Protomartyr St. Stephanus geweihte
Kathedrale und den sich direkt an ihre Westfront an-
schließenden, frühgotischen Synodalsaal, welcher mit dem
Palaste des Erzbischofes in Verbindung steht; da gibt
es herzerfreuende Architekturbilder, wie solche auch zu
Laon bei seiner der Mutter des Herrn geweihten sieben-
türmigen Kathedrale, ihrem Kreuzgange und dem ehe-
maligen Bischofspalaste mit offener Säulenvorhalle zu
treffen sind.
Vordem schmückte das Innere des Kölner Domes
auf der Evangelienseite ein hochragendes Sakraments-
häuschen, welches 1768, und ein reicher Hochaltar, der
1770 bis auf die Marmormensa abgebrochen wurde.
Wäre der Weiterbau nicht im Jahre 1516 aufgegeben
worden, dann würde sicher ein gotischer Lettner den
Chor unter der Vierung ebenso abgeschlossen haben, wie
wir solche Skulpturwerke noch heute im St. Stephans-
dome zu Halberstadt und in der ehemaligen erzbischöf-
lichen Metropolitankirche St. Mauritius und Katharina zu
Magdeburg an der Elbe bewundern, auch der St. Paulus-
dom zu Münster in Westfalen besaß seit 1536 einen
»Apostelgang« genannten Steinlettner, welcher im Jahre
1860 abgebrochen wurde.
Nach dem 1248 entworfenen Plane des Gerhard
von Riel wäre der Kölner Dom, wie die nahe Cister-
cienserabteikirche St. Maria in Altenberg, die Kathe-
dralen Notre-Dame in Chartres, Rheims und Amiens,
dreischiffig im Langhause geworden, denn erst im An-
fänge des 14. Jahrhunderts wurde er durch den 1330
verstorbenen Meister Johannes fünfschiffig mit je einem
Kolossal türme vor den vier Abseiten, während bei
Notre-Dame in Rheims jeder der beiden Fronttürme nur
eine Abseite abschließt. Da das Mittelschiff von Kern
zu Kern der Pfeiler 14,60 m mißt, so wird es an der
Westfassade von den zwei übermächtigen Türmen völlig
erdrückt, darum hat 1867 Friedrich Freiherr von Schmidt

bei seiner über Köln erfolgten Rückkehr von der Pariser
Weltausstellung nach Wien ausgesprochen, es sehe aus,
als ob zwischen zwei Riesenfelsen sich eine Schlucht
mit einem Wasserfalle auftue. Die erzbischöfliche Metro-
politankirche in Rheims hat von den inneren Turm-
mauern bis zur Querhausvierung neun, der Kölner Dom
aber nur sechs Gewölbejoche, wTas völlig ungenügend
erscheint und für die Totalwirkung des Monumental-
baues geradezu verhängnisvoll wurde. Schon im Laufe
des Mittelalters hat man diese Schwäche der Komposi-
tion beim Dome zu Köln erkannt und unsere deutschen
Meister übten bei dem St. Petersdome in Regensburg,
bei St. Stephan in Wien, St. Veit in Prag und dem
Münster St. Maria in Ulm Kritik, dabei muß denn an-
erkannt werden, daß bei allen diesen Gotteshäusern die
Totalwirkung besser wie in Köln geglückt ist.
Im Mittelalter hat man die Monumentalbauten in
der Ausführung langsam betrieben, da konnte die Bau-
hütte ihre Steinmetzen ausbilden und alsdann weithin
im Lande zur Betätigung senden; in dieser richtigen,
segenbringenden Weise wurde der neue bischöfliche
Dom zu St. Maria Empfängnis in Linz a. D. nach den
Entwürfen von Baurat Vinzenz Statz-Köln 1862 be-
gonnen und ohne Lotterie schreitet unter der bewährten
Leitung des Domarchitekten Otto Schirmer das schöne
Gotteshaus allmählich der Vollendung entgegen. Nach
den gleichen Grundsätzen hätte auch der Kölner St. Peters-
dom ausgebaut werden können, wobei tüchtige Arbeiter
für unsere kirchliche Baukunst fort und fort wären heran-
gebildet worden. Leider wurde aber die Vollendung in
begreiflichem und an sich rühmlichem Eifer zu rasch
betrieben. Nach dem 1861 erfolgten Ableben Zwirners
wurde der Magdeburger Voigtei zum Dombaumeister
ernannt, der eine richtige Lösung für die Eckfialen der
Doppeltüme beim Übergang aus dem Quadrat zum Acht-
ort nicht fand, worauf Vincenz Statz in einem Protest
beim Kultusministerium seinerzeit vergeblich hinwies.
Die doppelten Kreuzblumen der beiden Domtürme bildete
Voigtei zu kolossal; er würde diesen Mißgriff kaum be-
gangen haben, wenn er die im Mittelalter vollendeten
Hochtürme des Münsters Unserer lieben Frau zu Frei-
burg i. Br. und der Pfarrkirche St. Theobald zu Thann
in der ehemaligen Diözese Basel zu Rate gezogen hätte.
Diese beiden wunden Stellen: die genannten Eckfialen
und die Kreuzblumen der Westtürme bedürften eines
Eingriffes, wobei die im Prachtwerke des Kölner Domes
von weiland Dombaumeister Franz Schmitz in Straß-
burg enthaltenen Zeichnungen zur Richtschnur dienen
könnten. Dagegen vermögen wir uns mit dem neuestens
in einer Broschüre vorgetragenen Plane einer Umge-
staltung der Umgebung des Domes nicht zu befreunden.
DER KUNSTVEREIN MÜNCHEN
Der Monat Januar brachte eine Fülle von künstlerischen
Darbietungen, wie sie bisher nicht zu verzeichnen
war. Auswärtige und einheimische Kollektionen lösten
sich gegenseitig ab und in dem Wechsel der Erschei-
nungen stießen fast die Extreme aufeinander. Alice
Trübner, die Schülerin und Gattin Wilhelm Trübners,
erschien zuerst mit einer größeren Anzahl von Stilleben,
die in jeder Hinsicht einen schwachen Abglanz der
Vorzüge ihres Meisters widerspiegelten. Ausnehmen
darf man vielleicht die nach eigenem Geschmack ge-
stellten Motive, welche aber weniger originell erschienen
als durch sonderbare Tricks Aufsehen erregen sollten.
Pikant sein wollende Zusammenwürfelung von Herren4
und Damenkleidungsstücken vor einem Vorhang war
schon mehr als zweideutig. Die malerischen Qualitäten
dieser Leistungen, welche in auffallender Weise die rein
äußerliche Eigenart des Lehrers zeigten, waren das Beste
 
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