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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

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Beilage zu "Die Christliche Kunst", I. Jahrgang
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Nr. 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0341

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BEILAGE ZU »DIE CHRISTLICHE KUNST«, I. JAHRGANG, HEFT 5, 1. FEBRUAR 1905

1

DIE HERBSTAUSSTELLUNG IM
WIENER KÜNSTLERHAUSE
(ADOLF DITSCHEINER — ALOIS H. SCHRAM —
NIKOLAUS SCHATTENSTEIN — JUNGBUND —
SKULPTUREN — II. AUSSTELLUNG DER ÖSTER-
REICHISCHEN LEO-GESELLSCHAFT — ENDE
EINES VEREINES)
Ein großer Meister aus der guten, alten
Schule ist dahingegangen: Adolf Dit-
scheiner. Das Künstlerhaus veranstaltete
eine Gedächtnisausstellung von seinenWerken.
Freude bereiten uns die großen Schöpfungen
des Künstlers und tiefe Trauer empfindet man
darob, daß er der Welt bereits entrissen ist.
Seine Eigenart besonders für gedämpfte Töne
läßt ihn als echten Schüler der österreichischen
Landschafterschule, die von Zimmermann
ihren Ausgang nahm, erkennen. Ditscheiner
ist doch von ganz eigener Art, trotzdem er
manchmal an Schindler, Robert Ruß und
Lichtenfels erinnert. Seine Zeichnungen (Natur-
studien), wie z. B. Laubwerk, Farren und Gräser
sind mit peinlichster Detailarbeit ausgeführt;
so hat Albrecht Dürer seine Rasenstücke ge-
macht. Um das Arrangement der Ditscheiner-
Ausstellung, deren ausgestellte Werke bis auf
einige Studien dem Privatbesitze angehören,
hat sich Professor Karl Karger sehr verdient
gemacht.
Als Ergebnis seines längeren Aufenthaltes
in Damaskus bringt Alois H. Schram seine
neuesten Werke zur Ausstellung. Elegant,
fein und liebenswürdig, wie der Künstler
selbst, sind auch seine Arbeiten, ob es nun zier-
liche Architekturmotive oder Taubengrotten,
schlanke Tänzerinnen oder pikante Sänge-
rinnen sind, Schram bleibt doch überall der-
selbe. Kühner und markiger wird der Künstler
in größeren Studienköpfen und Figuren, wie
in den Bildnissen eines jungen Drusen und
einer Negerin, die beide gewiß zu seinen
besten Schöpfungen zählen. Zierlich sind
kleine Straßenbilder und das kleine Köpfchen
einer Negerin. Die Rahmen der Bilder, nach
Entwürfen des Künstlers mit arabischem Orna-
mentenschmucke verziert, zeigen von seinem
fein durchdachten Geschmacke.
Nikolaus Schattenstein zeigt Ringen
nach Originalität. Jedenfalls scheint er ein
ausgesprochenes Talent für Typen der Söhne
und Töchter Israels zu haben.
Sehr gute Leistungen trifft man in der
Ausstellung des »Jungbund« an. Ein ge-
meinsamer, aber wohlgemerkt gemäßigter,
»moderner« Zug geht durch alle Arbeiten.
Mit seinen originellen dekorativen Winter-

und Gebirgslandschaften geht allen Adolf
Groß voran. Allseitiges Interesse weckt
Fri edrich Beck mit seinem »Morgen auf
einer Spitze der Brenta«. Zwickle, Wod-
nansky erweisen sich als tüchtige Tiermaler
und Karl Philipp als ein ebenso trefflicher
Tierplastiker. Wenn auch die »Jugendbündler«
eigentlich wenig brachten, so gibt dasWenige
redliche Kunde von Fleiß und ehrlichem
Streben.
Unter den Skulpturen verdienen die Büsten
von Khuen, Zinsler und Professor Ste-
phan Schwartz Erwähnung. Zeleznys
»Miß Duncan« zeigt die bekannte Tänzerin
in sehr naturalistischer Wiedergabe. Plaketten
und Medaillen stellten die längst in diesem
Fache sehr geschätzten Künstler F. P.awlik
und C. M. Schwerdtner (der auch eine
Eigenausstellung im Stadtparke veranstaltet
hat) aus, die neuerlich den Beweis erbrachten,
wie viel Schönes man noch von ihren Schöpfern
erhoffen darf.
Eine Ausstellung religiöser Kunst hat die
österreichische Leo-Gesellschaft im
deutschen Saale des Künstlerhauses veran-
staltet. Diese rührige Gesellschaft unternahm
mit dieser — ihrer zweiten — Ausstellung
einen bedeutsamen Schritt, der hoffentlich
für Künstler und Publikum von Erfolg ge-
krönt sein wird. Die Ausstellung vereint
zum Teil eine Reihe von Werken, die bereits
von früheren Ausstellungen her bekannt sind.
So die »Vision« und die »Pieta« von Kas-
par i des, das große Bild »Consolatrix afflic-
torum« von Schram, die »Heilige Familie«
von Zimmermann, »Adoration« von Jung-
wirth, der »Heilige Martin« und »Kaiser
Rudolf von Habsburg« von Bildhauer Seib.
Besonderen Eindruck machen die Gemälde
von Johann Viktor Krämer aus dem
heiligen Lande. Auch sein vornehm-edler
Madonnenkopf zur Kreuzesabnahme, der präch-
tige Johanneskopf, die tief ergreifende Mater
dolorosa etc. sind wieder zu sehen. In alt-
meisterlicher Farbengebung stellte Leopold
Bara seine »Madonna« aus. Ebenfalls ist
der Entwurf seines Altargemäldes »Kreuz-
erhöhung« ausgestellt. Josef Reich erschien
mit einer »Katakombenmesse«, einer fesseln-
den Porträtstudie »Papst Pius X.« und zwei
Entwürfen. Beachtenswerte Werke stellten
noch die Maler Wilhelm Nowak, Wolf-
Rotenhan und Ludwig Mayer aus. Auch
die Plastik ist in dieser Sonderausstellung
hervorragend vertreten. Wir erwähnen die
trefflichen Medaillen auf den Tod der Kaiserin
Elisabeth von Professor Schwartz, ein Kru-
zifix von Schmidgruber, den Christus von
 
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