Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

DOI Artikel:
Hofmann, Friedrich Hermann: Die Donatoren auf Dürers Paumgartner-Altar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0197

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE DONATOREN
AUF DÜRERS PAU MG ARTNER-ALTAR
Von FRIEDRICH H. HOFMANN

Das persönliche Verhältnis des Menschen
zu seinem Gott hat von alters in der
bildenden Kunst innigen und beredten Aus-
druck gefunden. Unendlich wandelbar ist das
Thema. Aber kaum ist eine Lösung an-
sprechender und unmittelbarer wirkend als
der besonders im deutschen Mittelalter ge-
übte Brauch, auf Altären und Gemälden, auf
denen Gott selbst oder einer seiner Heiligen
dargestellt ist, zugleich auch den Auftraggeber
allein oder mit seiner Fa-

nebensächliche Dinge, bloße Statisten sind, die
man nach Belieben hierher oder dorthin setzen
kann. Sie müssen im Gegenteil jetzt bei der
Gesamtkomposition berücksichtigt werden,
sei es, daß sich auf ihrer Anordnung das
ganze Bild aufbaut, oder daß sie bei ihrem
bunten Zeitkostüm als wichtige Farbenwerte
für die malerische Gruppierung ins Gewicht
fallen. Da kniet mitten unter den Königen,
die zur Anbetung gekommen, der Donator,
durch nichts fast als das bei-

milie abzubilden. In der
Frühzeit werden diese Per-
sonen mit Vorliebe in stark
verkleinertem Maßstabe ge-
zeichnet und ohne jede Be-
ziehung in irgend eine Ecke
des Bildes an möglichst be-
scheidenen und unauffälli-
gen Platz gesetzt; oder aber
ihr Standort wird energisch
durch eine scharfe Linie
abgegrenzt und getrennt
von dem erhabenen Milieu,
in dem sich die Heiligen
bewegen. Zugleich erhalten
die Donatoren dann wohl
auch Spruchbänder beige-
geben, auf denen meist
irgend eine fromme Bitte
die Absicht des Stifters kund
tut, wie: »miserere mei«
oder Erbarm Dich mein, heiliger Gott« oder
Te rogo virgo pia nunc me defende Maria .
Bald aber wachsen auch die Donatoren; sie
erhalten gleiche oder wenigstens annähernd
gleiche Maßverhältnisse mit den übrigen Fi-
guren; jetzt sind sie meist auch nicht mehr
andächtig-stumme Zuschauer der heiligen Ak-
tion, sie wissen sich bereits zu den Himm-
lischen in persönliche Beziehungen zu setzen.
Auch rein künstlerisch betrachtet, ergibt sich
jetzt eine einschneidende Änderung insofern,
als diese Figuren nun nicht mehr lediglich

gegebene Familien wappen
von seiner Umgebung un-
terschieden. Bald legt der
Heilige wie zu ewigem
Schutz und Schirm seine
Rechte auf die Schulter des
vor ihm knienden Gläubi
gen; bald tritt er, seinen
Schützling gleichsam des
Himmels Gnade empfeh-
lend, hinter dem Beter her-
vor. Oder der Stifter kniet
flehend vor dem Gekreuzig-
ten undumfaßtin brünstiger
Andacht und hilfesuchend
den Kreuzesstamm. Und
welche Fülle naiver Fröm-
migkeit und Religiosität
liegt schließlich nicht auch
in der Absicht der Nonne,
die einen Teppich mit dem
Bilde der Madonna verfertigt hat und sich
selbst darauf darstellt, wie sie am Webstuhl
sitzt und eben die letzte Hand an den kunst-
vollen Mantel der Gottesmutter legt!
Auch hier also, aber im edelsten Sinne,
ein Zug jenes anthropomorphistischen Bedürf-
nisses , das in der Seele des Deutschen
schlummert. Den höchsten Triumph im Bilde
feiert diese Gottessehnsucht in Holbeins herr-
licher Madonna mit der Familie des Bürger-
meisters Meyer. Himmel und Erde, Gott
und Mensch, weltliche Nichtigkeit und ewige


WAPPEN DER PAUMGARTNER
Nach einem Stich von Bartel Beham

Die christliche Kunst. I. 8. i. Mai 1905.

22
 
Annotationen